Kapitel
62: Böse – Teil Zwei
Weiterer
Aufstieg des Bösen und charmante Boshaftigkeit
Seine Lippen zitterten
und flüsterten etwas in die Stille. Jiang Cheng stand augenblicklich
sofort auf.
Es war Wei WuXian!
Doch abgesehen von dem
Gesicht, so war die Person von oben nach unten betrachtet absolut
nicht vergleichbar mit dem Wei WuXian aus der Vergangenheit.
Wei WuXian war eindeutig
ein aufgeweckter, temperamentvoller Junge gewesen. Die Spitzen seiner
Augen und Augenbrauen hatten immer den Hauch eines Grinsens
beibehalten und er hatte sich immer geweigert, richtig zu gehen. Doch
diese Person war vollständig von einer kalten, dunklen Energie
umgeben. Er war gutaussehend, aber sein Gesicht wirkte blass, und
sein Lächeln war unheimlich.
Der Anblick vor ihren
Augen war zu überraschend. Die Situation war noch unklar, und sie
konnten nicht voreilig handeln. Obwohl die beiden auf dem Dach
verblüfft waren, eilten sie beide nicht hinein. Sie zwangen ihre
Köpfe nur tiefer und näher an den Schlitz zwischen den Dachziegeln
heran.
Im Inneren des Raumes
drehte sich Wei WuXian, schwarz gekleidet, langsam um. Wen Chao
bedeckte sein eigenes Gesicht. Nun war nur noch der raue Atem in
seiner Stimme zu hören: „Wen ZhuLiu... Wen ZhuLiu!“
Als Wei WuXian das hörte,
zogen sich seine Augenwinkel und seine Lippen amüsiert zusammen:
„Selbst jetzt denkst du immer noch, dass es von Nutzen wäre, nach
ihm zu rufen?“
Er ging ein paar Schritte
näher heran und trat mit seinem Fuß auf ein helles Objekt. Er sah
nach unten. Es war das Fleischbrötchen, das Wen Chao weggeworfen
hatte. Wei WuXian hob eine Augenbraue: „Was denn... bist du etwa
ein wählerischer Esser?“
Wen Chao fiel kreischend
von seinem Hocker und sagte: „Ich esse es nicht! Ich werde es nicht
essen! Ich werde es nicht essen!“
Während er heulte, kroch
er mit seinen fingerlosen Händen über den Boden. Der lange schwarze
Umhang rutschte ihm über die untere Hälfte seines Körpers und
enthüllte seine Beine. Die beiden Beine baumelten an seinem
Oberkörper, als wären sie zu schwere Accessoires. Sogar in Verbände
verpackt, wirkten sie immer noch ungewöhnlich dünn. Durch seine
heftigen Bewegungen dehnten sich in den Verbänden immer größer
werdende Lücken aus. Darunter schimmerten grässliche weiße Knochen
hindurch, purpurrotes Blut und noch an den Knochen hängende
Fleischreste.
Das ganze Fleisch an
seinen Beinen war Stück für Stück abgetrennt worden. Und
wahrscheinlich.... war das ganze Fleisch von ihm selbst gegessen
worden!
Wen Chaos schrill-scharfe
Schreie hallten durch die leere Kurierstation. Wei WuXian sah aus,
als hätte er nichts gehört. Er hob den Saum seines Gewandes an und
setzte sich an einen anderen Tisch. Die zweite Öllampe leuchtete
auf. Durch das leuchtende Gelb der Flammen lag die eine Hälfte von
Wei WuXians Gesicht im Licht, die andere Hälfte im Dunkel. Er ließ
seine Hände sinken. Ein aschgraues Gesicht erschien aus der
Dunkelheit heraus unter dem Tisch. Bald kamen knirschende
Kaugeräusche.
Ein blasshäutiges Kind
hockte zu seinen Füßen. Wie ein junges, fleischfressendes Tier
nagte es auf etwas, das Wei WuXian ihm gegeben hatte.
Wei WuXian nahm seine
Hand weg, nachdem er den spärlich behaarten Kopf des Ghulkindes
getätschelt hatte. Es behielt das, was es von ihm bekommen hatte, in
seinem Mund, drehte sich um und setzte sich. Es umarmte sein Bein und
kaute heftig, während es Wen ZhuLiu mit kalten, glitzernden Augen
anstarrte.
Was es kaute, waren zwei
menschliche Finger.
Es war unnötig zu sagen,
dass es Wen Chaos Finger sein mussten!
Lan WangJi starrte dieses
grässliche Ghulkind zusammen mit einem grässlichen Wei WuXian an.
Seine Händen krampften sich um Bichens Griff zusammen. Wen ZhuLiu
stand noch vor Wen Chao. Wei WuXians Kopf war nach unten gerichtet,
sein Gesichtsausdruck war nicht zu sehen: „Wen ZhuLiu, glaubst du
wirklich, dass du sein Hundeleben vor meinen Händen schützen
kannst?“
Wen ZhuLiu, „Ich sterbe
lieber bei dem Versuch.“
Wei WuXian lachte kalt:
„Was für ein treuer Wen-Hund.“
Wen ZhuLiu, „Ich kann
nicht umhin, die Schulden zurückzuzahlen, die ich ihnen dank ihrer
Großzügigkeit schulde.“
Der Ausdruck von Wei
WuXian verdunkelte sich sofort. Auch seine Stimme klang hart: „Was
für ein Scherz! Warum muss die Schuld, die du schuldest, auf Kosten
anderer zurückgezahlt werden?“
Noch bevor er mit dem
Sprechen fertig war, drangen hinter Wen ZhuLiu die durchdringenden
Klagen von Wen Chao zu ihnen. Wen Chao war in eine Ecke gekrochen und
versuchte so intensiv wie möglich, sich in die Holzplatten zu
drücken, als ob er sich zwischen ihnen herausdrücken könnte. Doch
plötzlich fiel ein roter Schatten von der Decke. Eine langhaarige
Frau in roter Kleidung, ihr Gesicht bläulich, fiel schwer auf ihn
drauf. Das dunkle Gesicht, die leuchtend rote Kleidung und die
schwarzen Haare bildeten einen kühlen Kontrast. Ihre Finger
wickelten sich um die Verbände um Wen Chaos Kopf und zerrissen
diese!
Die Verbände waren
gerade erst wieder angelegt worden, nachdem Wen ZhuLiu Salbe auf Wen
Chaos Gesicht aufgetragen hatte. Die Salbe, die Haut und die Verbände
klebten noch aneinander. Verbrannte Haut war von Natur aus nicht
widerstandsfähig. Mit dem heftigen Zug rissen die noch nicht
getrockneten Krusten zusammen mit einer dünnen Fleischschicht ab.
Sogar seine Lippen waren abgerissen worden. Der unebene, kahle Kopf
wurde so sofort zu einem blutigen, kahlen Schädel.
Wen Chao war sofort
ohnmächtig. Sobald er den Schrei gehört hatte, hatte sich Wen
ZhuLiu umgedreht, um ihm zu helfen. Auf dem Dach drängten sich Lan
WangJi und Jiang Cheng mit ihren Schwertern noch näher heran, bereit
zum Angriff. Doch sie hörten einen weiteren Schrei. Das Ghulkind zu
Wei WuXians Füßen hatte sich selbst nach vorne geworfen. Wen
ZhuLius rechte Hand hatte auf die Stirn des Ghuls geschlagen, bevor
er einen starken Schmerz auf seiner Handfläche spürte. Das Ghulkind
hatte seine beiden Reihen scharfer Zähne weit geöffnet und in seine
Hand gebissen.
Wen ZhuLiu konnte es
nicht abschütteln, also ignorierte er es und ging direkt zu Wen Chao
hinüber. Das Ghulkind hatte jedoch einen ganzen Teil des Fleisches
aus seiner Hand herausgebissen und wieder ausgespuckt. Es fuhr damit
fort, auch weiterhin seine Hand zu verschlingen. Wen ZhuLiu packte
den Kopf des Kindes mit der linken Hand, während er dabei so viel
Kraft auf den kleinen, kalten Kopf ausübte, dass dieser darunter
explodieren könnte. Die blauhäutige Frau warf die blutbefleckten
Verbände auf den Boden und kroch wie ein Vierbeiner sofort an Wen
ZhuLius Seite.
Mit einem Schwingen ihres
Armes hinterließ sie auf ihm zehn blutige Striemen. Die beiden
dunklen Wesen, ein großes und ein kleines, stritten unaufhörlich
mit ihm. Wen ZhuLiu konnte sich nicht gleichzeitig um beide Seiten
kümmern und stolperte inmitten des Chaos. Als er zur Seite schaute
und Wei WuXians kaltes Lächeln sah, warf er sich ihm entgegen.
Beide auf dem Dach
runzelten die Stirn. Lan WangJi schlug nach unten. Die Ziegel
zerbrachen und das Dach brach unter ihnen zusammen. Durch das Dach
sprang er in den zweiten Stock der Kurierstation hinunter und
blockierte Wen ZhuLius Weg zu Wei WuXian. Wen ZhuLiu Überraschung
darüber ausnutzend flackerte eine Peitsche aus violettem Licht über
ihn hinweg und legte sich dreimal um seinen Hals, bevor sie ihn nach
oben zog. Wen ZhuLius großer, schwerer Körper war von der wogenden
Peitsche angehoben worden und baumelte nun in der Luft.
Sofort erklangen die
knirschenden Geräusche seines Halsknochen, die nun gebrochen waren.
Gleichzeitig schrumpften die Pupillen von Wei WuXian. Er nahm eine
Flöte neben seiner Taille heraus, drehte sie und stand auf. Das
Ghulkind und die blauhäutige Frau, die Wen ZhuLiu angegriffen
hatten, wichen schnell an seine Seite zurück und starrten die beiden
Fremden mit Wachsamkeit an.
Hinter ihnen war Wen
ZhuLiu noch nicht gestorben. Sein Gesicht war errötet und sein
ganzer Körper zuckte und krampfte gegen seinen Willen. Seine Augen
waren so weit geöffnet, dass es schien, als würden sie aus ihren
Höhlen springen. Das Ghulkind knurrte Lan WangJi und Jiang Cheng an
und verbarg seine Feindschaft keineswegs. Wei WuXian hob seine Hand
leicht an, damit es seine Reißzähne zurückzog. Sein Blick
schweifte zwischen Lan WangJi und Jiang Cheng hin und her. Unter den
dreien hatte bislang noch niemand gesprochen.
Wenige Augenblicke später
winkte Jiang Cheng mit dem Arm und warf etwas in seine Richtung. Wei
WuXian fing es ohne zu überlegen auf. Jiang Cheng, „Dein Schwert!“
Wei WuXians Hand senkte
sich langsam.
Er blickte auf Suibian
herab und reagierte erst nach einer Pause, „....Danke.“
Wieder verging eine kurze
Zeit, bevor irgendwelche Worte gesprochen wurden. Plötzlich ging
Jiang Cheng hinüber und schlug ihn sachte auf die Schulter: „Du
Mistkerl! Wo hast du bitte in den letzten drei Monaten gesteckt?“
Obwohl der Satz selbst
ihn wohl schimpfen sollte, so war sein Ton voller Freude. Und obwohl
Lan WangJi nicht nach vorne trat, war sein Blick die ganze Zeit immer
auf Wei WuXian gerichtet. Mit diesem Klaps hielt Wei WuXian verblüfft
inne. Wenige Augenblicke später schlug er auch zu: „Haha, das ist
eine lange Geschichte, eine wirklich lange Geschichte!“
Die kalte Luft, die ihn
umgeben hatte, war durch diese beiden Schläge in gewisser Weise
irgendwie verwässert worden. In Jiang Chengs Freude lag auch Wut. Er
umarmte ihn fest, bevor er ihn zurückschob und schrie: „Haben wir
uns nicht darauf geeinigt, uns in dieser lausigen Stadt unten am Berg
zu treffen? Ich habe fast sechs Tage gewartet und nicht einmal einen
Schatten von dir gesehen! Wenn du gestorben wärst, wäre es nicht
einmal vor meinen Augen gewesen! In den letzten drei Monaten war ich
so beschäftigt, dass mir der Kopf schwillt!“
Wei WuXian hob den Saum
seines Gewandes an, setzte sich wieder hin und winkte mit der Hand
ab: „Ich habe dir doch bereits gesagt, dass es eine lange
Geschichte ist. Damals suchten auch ein paar Wen-Hunde überall nach
mir. Sie warteten auf mich, erwischten mich genau dort und warfen
mich an einen höllischen Ort, an dem ich leiden sollte.“
Während er sprach, kroch
die blauhäutige Frau auf ihn zu, indem sie sowohl ihre Arme als auch
ihre Beine dazu benutzte. Während sie gekämpft hatte, war ihr
Gesicht fast als hässlich zu bezeichnen gewesen, aber jetzt, mit
ihrem dunklen Gesicht gegen Wei WuXians Schoß gelehnt, schien sie
irgendwie eine charmante Konkubine zu sein, die ihrem Meister
gehorsam gefallen wollte. Das kichernde Lachen kam auch aus ihrem
Mund. Wei WuXian saß zur Seite gelehnt, seine rechte Hand
streichelte ihr weiches, langes Haar immer wieder.
Während er seine
Bewegungen beobachtete, wurde Lan WangJis Gesicht noch kälter.
Obwohl sich Jiang Cheng in der Szene etwas unwohl fühlte, war er im
Moment mehr als alles andere schockiert: „Was für ein höllischer
Ort? Ich habe die Leute in der Stadt sorgfältig befragt, also wie
konnte es sein, dass sie alle sagten, sie hätten dich nicht
gesehen?“
Wei WuXian, „Du hast
die Leute in der Stadt befragt? Sie sind alle ein Haufen naiver
Bauern, die Angst davor haben, sich selbst Ärger zu machen, also wer
würde es wagen, dir die Wahrheit zu sagen? Und die Wen-Hunde haben
definitiv etwas getan, um sie zum Schweigen zu bringen. Natürlich
haben sie dann alle gesagt, dass sie mich nicht gesehen hätten.“
Jiang Cheng fluchte:
„Diese alten Idioten!"
Er fügte schnell hinzu:
„Was für ein höllischer Ort? Qishan? Die 'Nachtlose Stadt'? Wie
bist du dann da wieder raus gekommen? Und dann bist du so geworden.
Was sind.... diese beiden Dinge da von dir? Sie hören tatsächlich
auf dein Kommando. Vor einiger Zeit haben der zweite junger Meister
Lan und ich die Aufgabe übernommen, nachts Attentate auf Wen Chao
und Wen ZhuLiu zu verüben, aber jemand war immer vor uns dort. Ich
kann nicht glauben, dass du es warst! Du warst derjenige, der auch
diese Talismane verändert hat, nicht wahr?“
Aus dem Augenwinkel
heraus sah Wei WuXian, dass Lan WangJi sie die ganze Zeit angeschaut
hatte. Er lächelte: „So ungefähr. Wenn ich dir sagen würde, dass
ich irgendwo eine mysteriöse Höhle gefunden hätte und es dort ein
mysteriöses Buch gegeben hätte, das ein mysteriöser Experte dort
gelassen hat, und als ich dann, als ich wieder von dort herauskommen
war, so mächtig geworden bin, würdest du mir dann glauben?“
Jiang Cheng spuckte,
„Wach auf. Du hast zu viele Legenden in diesen Bilderbüchern
gelesen, nicht wahr? Wie könnte es so viele Experten auf dieser Welt
geben? Mit geheimen Höhlen und Büchern überall!“
Wei WuXian drehte seine
Handflächen nach oben, „Siehst du? Du glaubst mir nicht, auch wenn
ich es sage. Ich werde dir davon erzählen, wenn ich jemals die
Chance dazu bekomme.“
Jiang Cheng blickte auf
Lan WangJi. Er wusste, dass es wahrscheinlich etwas war, das nicht
vor Jüngern aus anderen Sekten gesagt werden sollte, und wischte
sich die Freude aus dem Gesicht, „In Ordnung, dann eben so. Du
kannst es mir später erzählen. Es ist alles gut, solange du nur
wieder zurück bist.“
Wei WuXian, „Ja.
Solange ich zurück bin.“
Jiang Cheng murmelte die
Worte 'solange du nur wieder zurück bist' noch einige Male, ehe er
ihn wieder schlug: „Du bist wirklich....! Du lebst immer noch,
obwohl du von Wen-Hunden gefangen genommen wurdest!“
Wei WuXian strahlte,
„Natürlich. Was hast du erwartet?!“
Jiang Cheng konnte nicht
anders, als ihn zu schimpfen: „Worauf bist du stolz?!! Du lebst und
bist dennoch nicht früher zurückgekommen!“
Wei WuXian, „Ich bin
doch gerade erst da raus gekommen, hey?! Als ich hörte, dass es
sowohl Shijie als auch dir gut geht, und du die YunmengJiang-Sekte
wieder aufgebaut und ein Bündnis gegründet hast, bin ich zuerst
losgegangen, um ein paar Wen-Hunde zu töten, um deine Last zu
erleichtern und einige eigene Beiträge zu leisten. In diesen drei
Monaten hast du schließlich sehr hart gearbeitet.“
Als Jiang Cheng den
letzten Teil hörte, erinnerte er sich an die letzten drei Monate, in
denen er Tag und Nacht herumgereist und gearbeitet hatte. Er fühlte
sich etwas geschmeichelt, aber schnell legte er wieder sein hartes
Gesicht auf: „Steck dein schäbiges Schwert weg! Ich habe darauf
gewartet, dass du es mir wegnimmst. Ich will nicht die ganze Zeit
zwei Schwerter tragen und deswegen so viele Fragen gestellt
bekommen!“
Lan WangJi sagte
plötzlich: „Wei Ying.“
Er hatte die ganze Zeit
ruhig an der Seite gestanden. Während er sprach, hatten sich sowohl
Wei WuXian als auch Jiang Cheng an ihn gewandt. Es war, als ob Wei
WuXian sich endlich daran erinnerte, ihn auch zu begrüßen. Er
nickte leicht, „HanGuang-Jun.“
Lan WangJi, „Warst du
derjenige, der all die Jünger der Wen-Sekte getötet hat?“
Wei WuXian, „Natürlich.“
Jiang Cheng, „Ich
wusste, dass du es bist. Warum hast du sie einzeln getötet? So war
es doch ein viel zu großer Aufwand.“
Wei WuXian, „Um
herumzuspielen. Um mit ihnen zu spielen, bis sie sterben. Es wäre zu
einfach für sie gewesen, sie alle auf einmal zu töten. Viel besser
ist es, sie nacheinander voreinander zu töten, einen nach dem
anderen. Natürlich habe ich Wen Chao noch nicht genug gefoltert. Wen
ZhuLiu hat jedoch einen leitenden Posten von Wen RuoHan erhalten und
sich der Wen-Sekte angeschlossen, wobei er seinen Nachnamen geändert
hat, um unter Wen RuoHans Befehl seinen kostbaren Sohn zu schützen.“
Er lachte kalt: „Er
wollte ihn beschützen, aber ich wollte ihn zusehen lassen, wie sich
Wen Chao unter seinen Händen immer mehr selbst verzehrt, nicht mehr
ganz Mensch, aber auch nicht ganz Monster.“
Das Lächeln war irgendwo
zwischen kalt, grausam und zufrieden einzuordnen. Lan WangJi
beobachtete ihn mit Klarheit in seinem Ausdruck. Er ging einen
Schritt vorwärts: „Was genau gibt dir das Recht, solche dunklen
Kreaturen zu kontrollieren und für deine Zwecke zu benutzen?“
Die amüsierte Schwung
der Lippen von Wei WuXian fiel leicht ab, während er ihn ansah.
Jiang Cheng hatte auch den dissonanten Ton gehört: „Zweiter junger
Meister Lan, was meinst du damit?“
Lan WangJis Augen waren
auf Wei WuXian gerichtet, „Antworte mir.“
Das Ghulkind und die
blauhäutige Frau begannen sich zu bewegen. Wei WuXian drehte sich um
und sah sie an. Sie wichen langsam zurück, zögerten und versanken
dann wieder in der Dunkelheit. Wei WuXian wandte sich schließlich
wieder an Lan WangJi und hob seine Augenbrauen an: „Wenn du
meinst... was würde denn passieren, wenn ich nicht antworte?“
Schnell drückte er sich
zur Seite und wich so Lan WangJis plötzlichem Angriff aus. Er ging
drei Schritte zurück: „Lan Zhan, wir haben uns gerade erst nach so
langer Zeit wieder getroffen und du versuchst bereits, mich zu
fangen. Das ist nicht schön, oder?“
Lan WangJi bewegte sich,
ohne etwas zu sagen. Wei WuXian blockierte jeden Angriff, der gegen
ihn gerichtet war. Beide waren in ihren Bewegungen unglaublich
schnell. Als er Lan WangJis Hand zum dritten Mal abblockte, sprach
er: „Ich dachte, man könnte meinen, dass wir beide vertraut
miteinander wären. Das du einen Streit mit mir beginnst, ohne etwas
zu sagen, klingt ein wenig herzlos, nicht wahr?“
Lan WangJi, „Antworte
mir!“
Jiang Cheng stellte sich
schließlich zwischen die beiden, „Zweiter junger Meister Lan!“
Wei WuXian, „Zweiter
junger Meister Lan, dass, was du mich wirklich fragst, kann nicht in
so kurzer Zeit erklärt werden. Und es ist irgendwie seltsam. Wenn
ich dich nach den Geheimtechniken der GusuLan-Sekte fragen würde,
würdest du mir da antworten?“
Lan WangJi ging an Jiang
Cheng vorbei und kam direkt auf ihn zu. Wei WuXian hob seine Flöte
an und hielt ihn damit auf Abstand: „Das geht nun zu weit, nicht
wahr? Warum so unfreundlich? Lan Zhan, was in aller Welt willst du
nun tun?“
Lan WangJi sprach ein
Wort nach dem anderen: „Komm mit mir zurück nach Gusu.“
Als sie das hörten,
waren sowohl Wei WuXian als auch Jiang Cheng überrascht.
Kurz darauf lachte Wei
WuXian: „Mit dir zurück nach Gusu gehen? In die Wolken-Schluchten?
Warum sollte ich dorthin gehen?“
Doch plötzlich schien er
es zu verstehen: „Oh. Ich vergaß. Dein Onkel Lan QiRen hasst
solche freigeistigen Menschen wie mich. Du bist sein stolzester
Schüler, also bist du natürlich genauso wie er, haha. Ich weigere
mich.“
Jiang Cheng starrte Lan
WangJi mit Vorsicht im Blick an: „Zweiter junger Meister Lan, wir
alle verstehen die Wege der Lan-Sekte. Wie auch immer, Wei WuXian
rettete dich in der Höhle des Xuanwu auf Berg Muxi, daraus
resultierte deine Freundschaft, dass ihr zusammen gekämpft habt. Ihn
nun sofort gnadenlos anzuprangern, wäre zu unvernünftig, nicht
wahr?“
Wei WuXian, „Sieh dich
nur an. Was für ein toller Sektenführer.“
Jiang Cheng, „Kannst du
mal deine Klappe halten!“
Lan WangJi, „Es ist
nicht so, dass ich ihn anprangern will.“
Jiang Cheng, „Warum
willst du dann, dass er mit dir zurück nach Gusu geht? Zweiter
junger Meister Lan, arbeitet die GusuLan-Sekte zu einem solchen
Zeitpunkt nicht mit den anderen zusammen, um die Wen-Hunde zu töten,
sondern um weiterhin an ihren unflexiblen Wegen festzuhalten?“
Obwohl einer gegen zwei
stand, weigerte sich Lan WangJi immer noch, sich zurückzuziehen. Er
blickte auf Wei WuXian, „Wei Ying, weil du den dunklen Weg der
Kultivierung eingeschlagen hast, wirst du irgendwann schließlich
dafür bezahlen müssen. In der Vergangenheit gab es keine einzige
Ausnahme.“
Wei WuXian, „Ich kann
bezahlen.“
Als er sah, wie unbesorgt
er zu sein schien, senkte Lan WangJi seine Stimme: „Dieser Weg
würde nicht nur deinem Körper, sondern auch deinem Herzen schaden.“
Wei WuXian, „Schaden
oder nicht, wie viel Schaden genau, dass weiß ich am besten. Was
mein Herz betrifft, so ist es doch mein Herz. Ich weiß, was ich
tue.“
Lan WangJi, „Manche
Dinge kannst du überhaupt nicht kontrollieren.“
Der Unmut blitzte über
Wei WuXians Gesicht: „Natürlich kann ich es kontrollieren.“
Lan WangJi kam noch einen
Schritt näher. Er schien im Begriff zu sein, wieder zu sprechen, als
Wei WuXian die Augen schloss: „Schließlich, um auf mein Herz zu
sprechen zu kommen, was könnten andere Leute schon darüber wissen?
Warum sollten sich andere Leute darum kümmern wollen?“
Lan WangJi hielt inne. Er
wurde plötzlich wütend, „.... Wei WuXian!“
Wei WuXian war ebenfalls
verärgert, „Lan WangJi! Musst du das zu einem solchen Zeitpunkt
wirklich so schwierig machen? Du willst, dass ich in die
Wolken-Schluchten gehe, um eine Gefängnisstrafe der GusuLan-Sekte
entgegenzunehmen? Was glaubst du, wer du bist? Was die GusuLan-Sekte
ist?! Denkst du wirklich, dass ich mich da nicht widersetzen werde?!“
Zwischen den beiden
bildete sich eine feindliche Energie. An Bichens Griff wurden Lan
WangJis Knöchel weiß. Jiang Chengs Stimme war kalt: „Zweiter
junger Meister Lan, im Moment ist das Chaos mit der Wen-Sekte noch
nicht beendet. Dies ist die Zeit, in der wir dringend alle Kräfte
brauchen. Die Menschen haben nicht einmal die Zeit, sich um sich
selbst zu kümmern, warum sollte sich die GusuLan-Sekte um etwas
kümmern, das so weit von all dem hier entfernt ist? Wei WuXian ist
auf unserer Seite. Willst du unsere eigenen Verbündeten bestrafen?“
Wei WuXian fand zu seiner
eigenen Gelassenheit zurück: „Das ist richtig. Es ist alles gut,
solange die Wen-Hunde die Getöteten sind. Warum interessiert es
dich, wie ich sie töte?“
Die beiden wussten schon
seit Kindertagen, wie sie die Worte des anderen fortsetzten. Nun
floss ein Satz in den anderen, und setzte ihre Argumentation nahtlos
fort: „Entschuldige, dass ich nun etwas so frei heraus sage, aber
selbst wenn wir der Sache hier auf den Grund gehen, ist Wei WuXian
auch nicht Teil eurer Sekte. Es obliegt also nicht der GusuLan-Sekte,
ihn zu bestrafen. Egal, mit wem er nun zurückkehrt, du wirst es
nicht sein.“
Als er das hörte,
erstarrte Lan WangJis Ausdruck. Er blickte zu Wei WuXian auf, sein
Adamsapfel erzitterte, „Ich....“
Bevor er weitersprechen
konnte, kam ein leiser Schrei von Wen Chao aus der Ecke. Wei WuXian
und Jiang Cheng drehten sich sofort um. Gleichzeitig gingen die
beiden um Lan WangJi herum und in Richtung Wen ZhuLiu und Wen Chao.
Wen ZhuLiu hing an Zidian. Er kämpfte immer noch unter Qualen. Wen
Chao war halb tot. Als er langsam seine Augenlider öffnete, sah er
sofort die beiden Gesichter, die auf ihn herabblickten.
Die Gesichter hatten das
gleiche Alter und wirkten gleichsam vertraut. Sie hatten ihm beide
schon Ausdrucksformen von Verzweiflung, Qual oder tiefem Hass
gezeigt. Aber im Moment präsentierte sich ihm auf ihren Gesichtern
das gleiche kalte Lächeln, die gleichen kalten Augen.
Wen Chao schrie nicht
mehr. Er versuchte auch nicht mehr, wegzulaufen. Kraftlos hob er
seine fingerlosen Hände hoch und begann zu sabbern. Wei WuXian trat
ihn in eine Position des Kniens in Richtung Yunmeng. Die freigelegten
Knochen und das Fleisch rieben sich aneinander. Wen Chao weinte
heftig vor Schmerzen. Es hallte besonders laut rasselnd in der leeren
Kurierstation wider.
Jiang Cheng fragte:
„Warum klingt seine Stimme so schrill?“
Wei WuXian, „Natürlich
klingt sie so wenn dir ein bestimmtes Ding fehlt.“
Jiang Cheng war
angewidert: „Warst du etwa derjenige, der das getan hat?“
Wei WuXian, „Das ist
wirklich widerlich, wenn du es so betrachtest. Natürlich war ich
nicht derjenige, der es abgeschnitten hat. Es wurde ihm abgebissen,
als seine Frau verrückt wurde.“
Lan WangJi stand noch
hinter ihnen und beobachtete sie. Wei WuXian erinnerte sich plötzlich
wieder an seine Anwesenheit. Er drehte sich um und lächelte:
„Zweiter junger Meister Lan, die folgende Szene ist vielleicht
nicht für deine Augen geeignet. Vielleicht täte es dir am besten,
diesen Anblick zu vermeiden.“
Obwohl ‚vielleicht‘
verwendet worden war, so klang sein Ton nicht im Geringsten
widerlegbar. Jiang Cheng sprach auch mit Respekt und Distanz: „Das
ist richtig. Zweiter junger Meister Lan, Wen Chao und Wen ZhuLiu
befinden sich bereits in unseren Händen. Die Aufgabe ist somit
erledigt, und es ist Zeit für uns, dass sich unsere Wege hier
trennen. Was nun hier geschieht ist eine persönliche Angelegenheit
unserer Sekte. Es wäre am besten, wenn du zuerst zurückkehrst.“
Lan WangJis Blick war
immer noch auf Wei WuXian gerichtet, während Wei WuXian die
Aufmerksamkeit bereits wieder voll und ganz auf seinen sterbenden
Feind gerichtet hatte. Die Augen, mit denen er Wen Chao und Wen
ZhuLiu mit glänzendem Blick ansah, und sein Grinsen waren sowohl
euphorisch als auch grausam. Jiang Cheng zeigte den gleichen
Ausdruck. Beide waren in dem überwältigenden Gefühl der Rache
versunken. Die Sorge, dass hier nun noch ein Außenstehender anwesend
war, war nicht wirklich vorhanden.
Wenige Augenblicke später
drehte sich Lan WangJi um und ging die Treppe hinunter.
Nachdem er die
Kurierstation verlassen hatte, stand er noch eine lange Zeit vor der
Tür, aber er ging nicht weg.
Er wusste nicht, wie viel
Zeit vergangen war, als die stille Nacht durch schrilles Geschrei
zerrissen wurde.
Lan WangJi blickte hinter
sich, seine weißen Gewänder und das Stirnband flatterten im kalten
Wind.
Die Nacht war vorbei. Die
Sonne am Himmel war kurz davor, aufzugehen.
Und die
Sonne hier auf Erden war dabei zu fallen.
Och man, das ist so traurig... bin grade fast am Heulen. Lan Zhan tut mir so leid. Er wollte doch nur das Beste für Wei T.T
AntwortenLöschenOh je... dann besorge dir bitte für einige nachfolgende Kapitel ein großes Paket Taschentücher... will ja nicht spoilern...
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