Kapitel 33: Gras – Teil Eins
Neblige Geisterstadt
Das Shudong-Gebiet war
reich an Flüssen und Tälern. Mit den hoch aufragenden Gipfeln und
einem rauen Gelände, wehte nur eine schwache Brise durch das Gebiet,
was dazu führte, dass die meisten Orte in einem Nebel umhüllt
waren.
Als sie geradewegs auf
die Stelle zugingen, auf die die linke Hand gezeigt hatte, stießen
die beiden auf ein ziemlich kleines Dorf. Ein paar Lattenzäune
umschlossen strohgedeckte Häuser aus Schlamm. Ein Haufen von bunten
Hühnern lief kreuz und quer über die Höfe und pickte nach Reis auf
dem Boden. Ein großer, hell gefiederter Hahn stand einbeinig auf
einem Dach. Mit seinem zuckenden Kamm sah er nach unten, sein Hals
drehte sich nach links und rechts. Es war ein Glücksfall, dass
niemand einen Hund hatte. Es war wahrscheinlich, dass diese
Dorfbewohner nur ein paar Stücke Fleisch im Jahr in die Hände
bekamen, geschweige denn, dass sie dann noch Knochen übrig hätten,
um die Hunde zu füttern.
Vor dem Dorf gab es eine
Weggabelung, die in drei verschiedene Richtungen führte. Von diesen
waren zwei Wege ziemlich kahl und flach. Mit vielen erkennbaren
Fußspuren darauf war es klar, dass es sich um oft betretene Pfade
handelte. Doch der letzte war mit Unkraut übersät. Ein
quadratisches Holzschild war auf einem Stück Felsen erkennbar schräg
an dieser Straße positioniert worden. Abhängig vom Alter und der
Witterung war das Schild in der Mitte durch einen großen Riss
gespalten. Sogar aus dem Inneren dieses Risses schaute verwelktes
Unkraut heraus.
Zwei große
Schriftzeichen, welche wohl Auskunft zu dem Ort, zu dem die Straße
führte, geben sollten, waren auf das Schild geschnitzt worden. Man
konnte erkennen, dass das untere Zeichen das Zeichen für 'Stadt'
war. Das obere Schriftzeichen war jedoch sowohl in der Form als auch
in seinen Strichen komplex. Der Riss war gerade so zufällig durch
das Zeichen hindurch gelaufen, was dazu führte, dass ein paar
herausgebrochene Stücke des Schildes darum verstreut auf dem Boden
lagen.
Wei WuXian beugte sich
nach unten und schob das Unkraut etwas zur Seite. Selbst nachdem er
es für eine Weile angestarrt hatte, konnte er immer noch nicht
herausfinden, um was für ein Schriftzeichen es sich handelte.
Zufälligerweise war die
Richtung, in die der linke Arm zeigte, tatsächlich genau dieser Weg.
Wei WuXian fragte, „Warum fragen wir nicht die Dorfbewohner?“
Lan WangJi nickte.
Natürlich hatte Wei WuXian nicht erwartet, dass er fragen
würde. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht ging Wei WuXian auf die
Dorfbewohnerinnen zu, die gerade die Hühner fütterten.
Innerhalb dieser Gruppe
von Frauen gab es alte wie auch junge. Als sie einen ihnen
unbekannten Mann näherkommen sahen, wirkten sie alle so nervös, als
wollten sie ihre Körbchen wegwerfen und wieder hinein fliehen. Erst
nachdem Wei WuXian ein paar Worte mit ihnen gewechselt hatte, mit
einem fröhlichen Lächeln auf seinem Gesicht, fingen sie schließlich
an, sich zu beruhigen und schüchtern zu reagieren.
Als Wei WuXian auf das
Zeichen zeigte und eine Frage stellte, änderte sich ihr Ausdruck
sofort. Sie hielten einen Moment inne und begannen widerwillig, sich
mit ihm zu unterhalten. Während des Gesprächs wagten sie es nicht,
Lan WangJi anzusehen, der neben dem Schild stand. Mit den Mundwinkeln
lächelnd nach oben gezogen, hörte Wei WuXian aufmerksam zu.
Schließlich schien es, als ob das Thema sich verändert hätte, und
der Gesichtsausdruck der Frauen beruhigte sich wieder. Sie
entspannten sich allmählich und fingen an, ihn schüchtern
anzulächeln.
Lan WangJi beobachtete
sie aus der Ferne. Er wartete eine Weile, aber Wei WuXian schien
immer noch keine Anstalten zu machen, als wollte er zurückkehren.
Langsam schaute Lan WangJi auf den Boden, und trat nach einem kleinen
Stein, der zu seinen Füßen lag.
Er trat eine lange Zeit
darauf herum und rollte den unschuldigen Felsen immer wieder mit
seinem Fuß hin und her. Wie er wieder aufblickte, sah er, wie Wei
WuXian etwas aus seinem Ärmel nahm und es der Frau gab, mit der er
am meisten gesprochen hatte.
Lan WangJi stand still,
ein nichtssagender Ausdruck auf seinem Gesicht. Als er sich wirklich
nicht mehr beherrschen konnte, bereit, sich ihnen nun zu nähern,
schlenderte Wei WuXian schließlich zu ihm hinüber. Er stand neben
Lan WangJi, „HanGuang-Jun, du hättest mitgehen sollen. Es gab
sogar
Kaninchen im Hof!“
Lan WangJi reagierte
nicht auf seinen neckischen Kommentar und antwortete mit
vorgetäuschter Gleichgültigkeit, „Was haben sie geantwortet?“
Wei WuXian, „Dieser Weg
führt in die Stadt Yi. Das Zeichen auf dem Schild bedeutet 'Yi'.“
Lan WangJi, „Yi wie in
der Ritterlichkeit?“
Wei WuXian, „Ja und
nein.“
Lan WangJi, „Und
warum?“
Wei WuXian, „Das
Schriftzeichen ist korrekt, aber nicht die Bedeutung. Es ist nicht yi
wie in der Ritterlichkeit, aber yi wie in einem Sarghaus.“
Sie traten über die
Unkrauthaufen und begaben sich auf den Weg, passierten zügig das
Schild. Wei WuXian fuhr fort: „Die Mädchen sagten, dass die
meisten Menschen in dieser Stadt schon immer früh gestorben sind,
entweder weil ein kurzes Leben für sie vorgesehen war oder weil sie
aufgrund eines Unfalls starben, und daher gibt es dort viele
Sarghäuser, um die Leichen dort vorübergehend festzuhalten.
Außerdem ist ihre Spezialität dort die Herstellung von Särgen,
Papiergeld und andere Arten von Grabbeigaben. Jeder dort war
spezialisiert darin, Särge oder Schaufensterpuppen aus Papier
herzustellen, weshalb die Stadt unter einem solchen Namen bekannt
wurde.“
Neben dem verwelkten
Unkraut und den Felsbrocken gab es auf diesem Weg auch Risse und
Schlaglöcher, die schwer zu bemerken waren. Lan WangJi behielt im
Auge, wohin Wei WuXian trat, während Wei WuXian beim laufen
weitersprach: „Sie sagten, dass die Leute hier selten nach Yi
gehen. Und die Menschen der Stadt verlassen diese auch nicht außer
wegen dem Export von Waren. In den letzten Jahren hat man niemanden
mehr gesehen, der von dort gekommen ist. Niemand hat diesen Weg seit
Jahren beschritten. Das erklärt, warum es so schwer ist, dort
hinzugehen.“
Lan WangJi, „Und?“
Wei WuXian, „Und was?“
Lan WangJi, „Was hast
du ihnen gegeben?“
Wei WuXian, „Oh. Das
meinst du. Es war das Rouge.“
Als sie in Qinghe gewesen
waren, hatte er eine kleine Packung Rouge von dem Scharlatan gekauft,
der ihnen gesagt hatte, er hätte Informationen über den Xinglu Grat
und seitdem hatte er es immer bei sich behalten. Wei WuXian, „Du
musst den Leuten deine Dankbarkeit zeigen, wenn du sie etwas fragst,
oder? Ich wollte ihnen Geld geben, aber sie hatten zu viel Angst und
wagten es nicht, es anzunehmen. Es schien ganz so, als würden sie
den Duft des Rouge sehr mögen. Sie haben so etwas wahrscheinlich
noch nie zuvor benutzt, also habe ich es ihnen gegeben.“
Mit einer Pause fügte er
hinzu: „HanGuang-Jun, warum siehst du mich so an? Ich weiß, dass
die Qualität des Rouge wirklich nicht so toll war. Aber ich bin
nicht mehr so, wie ich einmal war, als ich immer eine Tonne Blumen
und Schmuck bei mir hatte, um den Mädchen etwas zu geben. Ich hatte
wirklich nichts anderes bei mir, was ich ihnen hätte geben können.
Zumindest ist das besser als nichts.“
Als ob eine unangenehme
Erinnerung aufgeflammt wäre, zogen sich Lan WangJis Augenbrauen
zusammen und er drehte langsam seinen Kopf weg.
Während sie auf dem
rauen Weg weiterliefen, wurde das Unkraut allmählich weniger und zog
sich immer mehr an den Rand zurück, und die Straße wurde zudem
immer breiter. Doch nun wurde der Nebel immer dichter.
Als die linke Hand eine
Faust bildete, lag am Ende des langen Weges ein Stadttor in Trümmern.
Der Turm vor der Stadt hatte keine Farbe und das Dach war
eingefallen. Mit einer abgebrochenen Ecke am Gebäude sah es
ungewöhnlich verfallen aus. Die Mauern der Stadt waren mit
Schmierereien bedeckt, die eine unbekannte Person hinterlassen hatte,
während die rote Farbe der Tore fast bis ins Weiße verblasst war,
jedes einzelne an seinen Scharnieren rostig und schwarz. Die
Flügeltüren des Tores waren offen gelassen worden, fast so, als ob
sie jemand gerade einen Spalt geöffnet hätte, um hineinschlüpfen
zu können.
Schon bevor man diesen
Ort betreten hatte konnte man spüren, dass es dort von wilden
Geistern und Dämonen wie verrückt wimmeln musste.
Als Wei WuXian den Weg
hinunterging, untersuchte er die Umgebung sorgfältig. An den Toren
der Stadt angekommen, kommentierte er: „Das Feng Shui ist
schrecklich.“
Lan WangJi nickte ohne
Hast, „Karge Berge und turbulente Flüsse.“
Die Stadt Yi war von
steilen Klippen auf allen Seiten umgeben. Die Klippen neigten sich in
Richtung Zentrum auf eine extreme Art und Weise, die sowohl
bedrohlich als auch beengend wirkte, fast so, als würden sie jeden
Moment zusammenbrechen.
Von diesen dunklen,
massiven Gipfeln begrenzt und von dem geisterhaften weißen Nebel
umhüllt, schien sie sogar monströser zu sein als jedes Monster.
Schon das bloße Stehen hier gab einem ein beängstigendes und
erstickendes Gefühl, zusammen mit der düsteren Vorahnung, bedroht
zu werden.
Schon von Alters her gab
es das Sprichwort, 'die Größe eines Menschen bringt den Ruhm zu
seinem Geburtsort'. Aber auch das Gegenteil zu diesem Sprichwort
konnte der Fall sein. An manchen Orten, wegen der Umgebung oder wegen
die Lage, war das Feng Shui außergewöhnlich schrecklich. Umgeben
von einer solch natürlichen Böe an finsterer Energie, war es für
jeden, der an einem solchen Ort lebte, leicht, früh zu sterben oder
allgemein unglücklich zu sterben.
Wenn alle Vorfahren hier
gelebt hatten, dann wäre man noch unglücklicher. Zudem noch die
Unregelmäßigkeiten wie lebende Leichen oder die Rückkehr von
Seelen. Da war es klar, dass die Stadt Yi ein solcher Ort war.
Orte wie diese befanden
sich normalerweise an abgelegenen Stellen, die nicht unter der
Kontrolle von irgendeiner Kultivierungssekte standen. Natürlich
würden Sekten, selbst wenn sie in der Nähe wären, auch nicht
helfen wollen. Solche Situationen waren wirklich ärgerlich, noch
ärgerlicher als der 'Wasserabgrund'. Der 'Wasserabgrund' konnte
verjagt werden. Allerdings war das Feng Shui schwer zu ändern. Wenn
gerade niemand deswegen vor ihren Türen jammerte, dann machten die
Sekten die Augen zu und taten so, als ob sie nichts wüssten.
Für die Bewohner der
Stadt war die einfachste Lösung, den Ort zu verlassen. Aber, wenn
die Familie desjenigen schon seit Generationen an diesem abgelegenen
Ort lebte, dann wäre es fast unmöglich, sich dafür zu entscheiden,
den Ort, an dem man aufgewachsen war, zu verlassen. Selbst wenn sechs
oder sieben von zehn Menschen hier ein kurzes Leben hatten,
vielleicht gehörte man selbst ja zu den restlichen drei oder vier.
So schien dies alles nicht zu unerträglich zu sein.
Die beiden hielten vor
den Stadttoren an und tauschten einen Blick aus. Quietsch.
Unterstützt von Scharnieren am Rande des Auseinanderbrechens
öffneten sich die beiden Stadttore langsam.
Vor ihren Augen gab es
weder geschäftige Straßen noch gewalttätige Leichen. Es gab nur
einen
allumfassenden weißen
Farbton. Der Nebel war noch um einiges dichter als der Nebel
außerhalb der Stadt, so dass sie nur eine lange, gerade Straße vor
sich sehen konnten. An den Seiten standen keine Passanten, sondern
nur finstere Häuser. Die beiden gingen automatisch ein paar Schritte
näher beieinander und betraten zusammen die Stadt.
Es war noch helllichter
Tag, aber in der Stadt war kein Geräusch zu hören. Abgesehen vom
Mangel an menschlichen Stimmen, war auch kein einziges Krächzen oder
Bellen zu hören. Es war mehr als merkwürdig. Andererseits, da dies
der Ort war, auf den der linke Arm gezeigt hatte, wäre es seltsamer,
wenn es hier nicht so eigenartig wäre.
Sie gingen eine Weile die
Straße entlang. Je weiter sie gingen, desto stärker wurde der
Nebel, als ob böse Energie die Luft durchdringen würde. Zuerst
konnten sie noch etwas in zehn Schritten Entfernung sehen. Und dann
wurde es unmöglich, etwas zu erkennen, was mehr als fünf Schritte
entfernt war. Am Ende konnten sie nicht einmal ihre eigenen Hände
vor sich sehen. Je weiter Wei WuXian und Lan WangJi voranschritten,
desto mehr bewegten sie sich aufeinander zu. Sie konnten nur das
Gesicht des anderen sehen, wenn sie Schulter an Schulter gingen. Ein
Gedanke kam plötzlich in Wei WuXians Verstand, Wenn jemand diesen
Nebel ausnutzten und sich eine oder zwei Personen zwischen uns
schleichen würden, dann wäre es schwer zu sagen, ob wir es bemerken
würden oder nicht.
Plötzlich trat er mit
seinem Fuß auf etwas. Er sah nach unten, konnte aber nicht erkennen,
was es war. Wei WuXian packte Lan WangJis Hand so fest, so dass
dieser nicht alleine weitergehen konnte, beugte sich nach unten, und
blinzelte. Ein Kopf mit einem Paar gleißender Augen riss durch den
Nebel und sprang in seine Sicht. Der Kopf hatte das Gesicht eines
Mannes mit dicken Augenbrauen, großen Augen und zwei Rougeflecken
hoben sich deutlich ab.
Als Wei WuXian auf den
Kopf getreten war, wäre er fast weggeflogen, also wusste er, wie
schwer er war. Da er so leicht war, war dies definitiv kein
Menschenkopf. Er hob ihn auf und drückte ihn zusammen. Ein großer
Teil des Gesichts des Mannes sank ein. Ein Teil des Rouge war auch
verschmiert. Es war ein Kopf aus Papier.
Der Papierkopf war
kunstvoll verarbeitet worden. Obwohl das Make-up zu dramatisch war,
wurden die Gesichtszüge ziemlich gut umgesetzt. Die Spezialität der
Stadt Yi waren Grabbeigaben, also war natürlich die Technik der
Herstellung von Puppen aus Papier hier sehr gut. Unter den Puppen aus
Papier befanden sich unter anderem Vertretungs-Puppen, von denen die
Menschen glaubten, dass sie, wenn sie für den Verstorbenen verbrannt
würden, diese an ihrer Stelle in der Hölle leiden würden; es gab
auch Dienstmädchen und schöne Mädchen, die die Verstorbenen in der
Unterwelt aufmerksam betreuen sollten. Natürlich wurden diese
eigentlich nur hergestellt, um den Hinterbliebenen den Abschied zu
erleichtern. Dieser Papierkopf war wahrscheinlich ein 'Niedriger
Schläger'.
Wie sein Name schon
sagte, war ein 'Niedriger Schläger' ein Kämpfer, der in der Lage
sein sollte, den Verstorbenen vor den Folgen durch Mobbing anderer
Geister oder kniffliger Richter zu beschützen; das
Papiergeld, das die Nachkommen verbrannt hatten würde dann von
anderen Seelen nicht gestohlen werden können. Der Papierkopf hatte
definitiv eine großen, stabilen Körper, der passend dazu auch aus
Papier gemacht worden war. Jemand hatte wahrscheinlich den Kopf
abgerissen und ihn auf die Straße geworfen.
Die Haarsträhnen auf dem
Papierkopf waren tiefschwarz und ziemlich glänzend. Wei WuXian
berührte es. Das Haar war fest mit der Kopfhaut verbunden, als ob
auf dem Kopf wirklich das Haar gewachsen wäre. Er dachte bei sich
selbst, Es wurde wirklich geschickt verarbeitet. Haben sie echtes,
menschliches Haar genommen und aufgeklebt?
Plötzlich fegte ein
dünner Schatten an ihm vorbei. Der Schatten war extrem bizarr. Er
lief vorbei, strich gegen seine Schulter und verschwand sofort wieder
in dem dichten Nebel. Bichen zog sich von selbst aus der Scheide und
jagte der Figur hinterher, aber kehrte schnell wieder in seine Hülle
zurück.
Das, was an ihm
vorbeigelaufen war, lief viel zu schnell - ein Mensch könnte
definitiv nicht diese Geschwindigkeit erreichen!
Lan WangJi, „Pass auf.
Sei vorsichtig.“
Obwohl es dieses Mal
praktisch nur vorbeigeflogen war, so war es schwierig zu sagen, dass
es beim nächsten Mal nicht etwas anderes versuchen würde.
Wei WuXian richtete sich
auf: „Hast du das gehört?“
Lan WangJi, „Schritte
und eine Bambusstange.“
Er hatte Recht. Im Moment
hörten sie, abgesehen von eiligen Schritten, einen weiteren
seltsamen Ton. Das Klopfen klang ziemlich klar, als ob jemand schnell
mit einer Bambusstange auf den Boden klopfen würde. Wei WuXian
wusste nicht, warum das Geräusch so präsent war. Vor ihnen, aus dem
Nebel heraus, kamen eine weitere Reihe von Schritten. Diesmal waren
die Schritte leicht, langsamer und zahlreicher. Es schien, als ob
eine Gruppe von Leuten sich ihnen vorsichtig näherte, dabei aber
nichts sagten. Wei WuXian fischte einen 'Dunkelbrand-Talisman' heraus
und warf ihn nach vorne. Wenn etwas aus verärgerter Energie vor
ihnen war, dann würde es brennen, und das Feuer würde
wahrscheinlich die nähere Umgebung etwas beleuchten.
Die Leute vor ihnen
bemerkten auch, dass etwas nach ihnen geworfen worden war. Sie
griffen sofort an. Eine Vielzahl von verschiedenfarbigen
Schwertblicken eilte zu ihnen hinüber. Bichen entzog sich ruhig
seiner Hülle und blieb genau vor Wei WuXian, um alles abzuwehren.
Auf der anderen Seite murmelten die Menschen verwirrt. Lan WangJi
hörte die Schreie und befahl Bichen sofort in seine Scheide zurück.
Wei WuXian rief: „Jin Ling? SiZhui!“
Wie er es erwartet hatte,
hatte er sich nicht verhört. Jin Lings Stimme erklang durch den
weißen Nebel, „Warum bist du es schon wieder?“
Wei WuXian, „Nun,
eigentlich will ich wissen, warum es wieder du bist!“
Lan SiZhui versuchte,
sich zurückzuhalten, aber seine Stimme klang erfreut: „Junger
Meister Mo!
Du bist auch hier? Dann
ist HanGuang-Jun auch hier?“
Als er hörte, dass Lan
WangJi auch hier sein könnte, schloss Jin Ling sofort seinen Mund,
als ob er wieder zum Schweigen gebracht worden wäre. Er hatte
wahrscheinlich Angst, dass er wieder bestraft würde. Lan JingYi rief
auch: „Das ist er definitiv! Der Schwertblick davor kam von Bichen,
oder? Es war Bichen, richtig?!“
Wei WuXian, „Ja. Er ist
hier, direkt neben mir. Du solltest rüber kommen.“
Sobald die Jungs wussten,
dass die, die vor ihnen standen, Freunde und nicht Feinde waren,
stießen sie sofort ein paar Seufzer der Erleichterung aus und eilten
hinüber. Abgesehen von Jin Ling und einigen von den Junioren der
Lan-Sekte, gab es auch noch sieben oder acht Jungen, die Kleidung von
verschiedenen Sekten trugen, und die sich immer noch zögerlich
verhielten. Sie waren wahrscheinlich auch Schüler mit
unterschiedlichem Hintergrund.
Wei WuXian fragte: „Warum
seid ihr alle hier? Bei einem solchen Angriff ist es ein Glück, dass
ich HanGuang-Jun an meiner Seite habe. Was, wenn ihr gewöhnliche
Menschen verletzt hättet?“
Jin Ling antwortete: „Es
gibt hier keine gewöhnlichen Menschen - es gibt hier überhaupt
keine Menschen!“
Lan SiZhui nickte: „Es
ist mitten am Tag, aber überall ist Nebel. Und es gibt nicht einen
einzigen Laden, der geöffnet hat.“
Wei WuXian, „Das spielt
jetzt erst einmal keine Rolle. Wie seid ihr euch begegnet? Sagt mir
nicht, das ihr eine gemeinsame Nachtjagd organisiert habt.“
Jin Ling sah jeden als
einen Schandfleck an und wollte stets gegen alle kämpfen. Und da er
bereits ein unangenehmes Aufeinandertreffen mit den Jüngern der
Lan-Sekte gehabt hatte, wie wäre es da möglich, dass sie zusammen
auf Nachtjagd gehen sollten? Lan SiZhui erklärte gehorsam: „Das
ist eine wirklich lange Geschichte. Wir waren ursprünglich....“
Plötzlich ertönte eine
Reihe von Klopfen und Schritten, ein ungewöhnlich ohrenbetäubendes
Geräusch eines Bambusstabes, der auf den Boden klopfte, aus dem
dichten Nebel. Die Gesichter der Junioren veränderten sich sofort,
„Es ist wieder da!“
Informationen:
Sarghaus:
Ein Sarghaus bezieht sich auf ein Gebäude, dass als "ein
temporäres Sargdepot" besteht, wo die Särge mit den Leichen
der kürzlich verstorbenen Personen zwischengelagert werden, während
sie auf den Transport zum Bestattungsort warten. (Wikipedia)
Richter:
In der chinesischen Folklore, geht man, wenn man gestorben ist, in
die Unterwelt vor einen Richter, um aufgenommen zu werden. Es gibt
viele verschiedene Versionen, und das ist hier nicht wirklich
wichtig.
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