Kapitel
24: Bosheit – Teil Zwei
Außer
Gefahr
Jiang
Cheng fügte hinzu: „Leih mir deinen Hund."
Jin
Ling zog sich selbst aus der Benommenheit heraus. Er zögerte einen
Moment lang und pfiff nur nachdem Jiang Cheng ihn mit zwei
blitzscharfen Strahlen aus den Augen ansah. Der Hund raste rüber in
ein paar Sprüngen. Wei WuXian, dessen Körper so steif wie ein
Eisenbrett war, konnte nur nach vorne gezogen werden, einen Schritt
nach dem anderen gehend.
Jiang
Cheng fand einen leeren Raum und warf Wei WuXian hinein und schloss
die Tür hinter sich. Der Hund folgte ihnen hinein und setzte sich an
die Tür. Wei WuXian behielt ihn im Auge und hatte Angst, dass er
sich im nächstmöglichen Moment auf ihn stürzen würde. Sich daran
erinnernd, wie er in nur kurzer Zeit kontrolliert worden war, sagte
ihm in seinem Herzen aus, dass Jiang Cheng wirklich wusste, wie man
am besten mit ihm umzugehen hatte.
In
der Zwischenzeit setzte sich Jiang Cheng langsam an den Tisch und
goss sich eine Tasse Tee ein. Einen Moment lang sprach niemand ein
Wort. Die Tasse Tee war immer noch dampfend heiß. Ohne einen Schluck
davon getrunken zu haben, warf er die Tasse auf den Boden.
Jiang
Cheng zeigte ein kurzes Lächeln auf seinem Gesicht, „... Hast du
mir nichts zu sagen?"
Als
er aufgewachsen war, hatte Jiang Cheng Wei WuXians schrecklichen
Zustand unzählige Male gesehen, wenn er vor Hunden wegrannte. Andere
mögen ihm geglaubt haben, wenn er es leugnete, aber vor jemandem,
der ihn so gut kannte, wäre es unmöglich, zu widersprechen. Das war
ein Hindernis, das schwieriger zu überwinden war als Zidian.
In
einem aufrichtigen Ton antwortete Wei WuXian: „Ich weiß nicht, was
ich zu dir sagen soll."
Jiang
Cheng flüsterte: „Du lernst es wirklich nicht, oder?"
Schon
seit langem waren ihre Gespräche voller Erwiderungen und Argumente.
Wei WuXian blendete sein Denken aus: „Und du hast auch keine
Fortschritte gemacht...."
Jiang
Cheng lachte zornig: „Sicher, dann lass uns mal sehen, wer von uns
beiden es ist, der keine Fortschritte gemacht hat."
Er
blieb am Tisch sitzen und schrie auf eine befehlende Weise. Der Hund
stand sofort auf! Im selben Raum wie der Hund zu sein, ließ Wei
WuXian bereits in innerer Unruhe schwitzen. In Anbetracht der
Tatsache, dass der große, knurrende Hund, der sich ihm in weniger
als einer Sekunde näherte, so nah war ließ seine Ohren klingeln und
seinen ganzen Körper taub werden. Er hatte viel von seinen frühen
Jahren mit dem Leben auf der Straße vergessen. Das Einzige, woran er
sich noch erinnerte, war der Schrecken, den er fühlte, wenn er von
Hunden verfolgt wurde und die schneidenden Schmerzen von Zähnen und
Krallen, die sich in sein Fleisch bohrten. Die Angst, die sich
dadurch tief in sein Herz gepflanzt hatte, konnte nicht überwunden
oder erleichtert werden, egal wie sehr er es versucht hatte.
Plötzlich
blickte Jiang Cheng ihn an, „Wessen Namen hast du genannt?"
Wei
WuXian war in einem solchen Zustand der Bedrängnis, dass er sich
beim besten Willen nicht erinnern konnte, ob er überhaupt den Namen
von jemandem genannt hatte oder nicht. Erst nachdem Jiang Cheng dem
Hund befahl, sich zurückzuziehen, konnte er sich wieder
zusammenreißen. Nach einem Moment des Zögerns drehte er abrupt den
Kopf weg. Auf der anderen Seite verließ Jiang Cheng seinen Platz. An
seiner Taille war seitlich eine Peitsche angebracht. Mit einer Hand
darauf beugte er sich nach unten, um Wei WuXians Gesicht zu
betrachten. Nach einer Pause richtete er sich wieder auf und fragte:
„Apropos, seit wann bist du so nah an Lan WangJi dran?"
Wei
WuXian verstand sofort, wessen Namen er unbewusst gerufen hatte.
Jiang
Cheng lächelte bedrohlich: „Es ist wirklich sehr merkwürdig, wie
weit er gegangen ist, um dich auf dem Dafan Berg zu beschützen."
Einen
Moment später korrigierte er sich selbst: „Nein. Du warst nicht
unbedingt derjenige, den Lan WangJi beschützten wollte. Schließlich
könnte die GusuLan-Sekte nicht vergessen haben, was du und dein
treuer Hund getan haben. Wie könnte jemand, der so sehr für seine
Gerechtigkeit gefeiert wurde, jemanden wie dich tolerieren?
Vielleicht kennt er diesen Körper, den du stattdessen gestohlen
hast."
Seine
Worte waren grausam und unheimlich. Jeder Satz schien oberflächlich
gut gemeint zu sein, aber eigentlich waren sie abwertend. Wei WuXian
konnte es nicht mehr ertragen: „Pass auf, was du sagst."
Jiang
Cheng antwortete: „Ich habe mich noch nie für solche Dinge
interessiert, erinnerst du dich nicht?"
Wei
WuXian spottete, „Oh, ja, richtig."
Jiang
Cheng schnaubte: „Du denkst also, dass du qualifiziert genug dafür
bist, mich dazu zu bringen, auf meine Sprache zu achten. Erinnerst du
dich noch? Letztes Mal, auf dem Dafan Berg, hast du da auf deine
Sprache geachtet, als du mit Jin Ling geredet hast?"
Wei
WuXians Gesicht versteifte sich.
Nachdem
er im Gespräch wieder die Oberhand gewonnen hatte, sah Jiang Cheng
wieder zufrieden aus. Er grinste: „'Ich nehme an, dass du keine
Mutter hattest, die es dir beibringen konnte'. Nun, du weißt
wirklich, wo es am meisten wehtut, nicht wahr? Die Person, die Jin
Ling in diese Lage gebracht hat, hinter seinem Rücken auf diese
Weise kritisiert zu werden, ist niemand anderes als du. Du bist ein
ziemlich vergesslicher alter Mann, nicht wahr? Hast du all die Dinge
vergessen, die du gesagt und die du versprochen hast? Dann, erinnerst
du dich noch, wie seine Eltern gestorben sind?!"
Wei
WuXian hob sofort den Kopf: „Ich habe es nicht vergessen! Es ist
nur so...."
Doch
er konnte einfach nicht die richtigen Worte finden, um seinen Satz zu
beenden. Jiang Cheng unterbrach: „Es ist nur was? Du kannst es
nicht sagen? Keine Sorge, du kannst wieder zum Lotus Pier zurückgehen
und all deine Ausreden sagen, während du vor den Gräbern meiner
Eltern kniest."
Wei
WuXian beruhigte sich und suchte so schnell er konnte nach einem
Ausweg aus dieser Situation. Obwohl er immer davon geträumt hatte,
noch einmal zum Lotus Pier zurückkehren zu können, so wollte er das
nicht zerfetzt tun!
Plötzlich
näherten sich eine Reihe von eiligen Schritten, und an der Tür
wurde lautstark geklopft. Jin Ling schrie von außen: „Onkel!"
Jiang
Cheng erhob seine Stimme: „Habe ich dir nicht gesagt, dass du dort
bleiben solltest, wo du warst? Warum bist du her gekommen?"
Jin
Ling, „Onkel, ich habe dir etwas wirklich Wichtiges zu sagen."
Jiang
Cheng, „Wenn es etwas so Wichtiges ist, warum hast du dich dann
nicht entschieden, das Wort zu ergreifen, als ich dabei war, dich zu
schimpfen?"
„Ich
wollte es genau deshalb nicht sagen, weil du mich wieder beschimpft
hast! Wirst du zuhören oder nicht? Wenn nicht, dann werde ich es
einfach nicht sagen!" antwortete Jin Ling mit wütender Stimme.
Jiang
Cheng öffnete die Tür mit einem wütenden Gesichtsausdruck: „Sag
es mir, und dann geh raus!"
Als
sich die Holztür öffnete, trat Jin Ling ein. Er hatte sich bereits
eine neue, weiße Uniform angezogen. „Ich bin heute wirklich auf
etwas Unangenehmes gestoßen. Ich glaube, dass ich Wen Ning begegnet
sein könnte!"
Jiang
Chengs Stirn zuckte. Mit einem feindseligen Gesichtsausdruck legte er
seine Hand plötzlich auf sein Schwert: „Wo? Wann?!"
Jin
Ling sagte zu ihm: „Es war heute Nachmittag. Es gibt da ein
heruntergekommenes Haus, so etwa ein Dutzend Kilometer südlich von
hier entfernt. Ich bin hingegangen, weil ich gehört habe, dass dort
etwas Seltsames passiert ist, aber wer hätte erahnen können, dass
sich eine wilde Leiche dort im Inneren versteckt hielt."
Jing
Lings Worte klangen ziemlich glaubwürdig. Doch in Wei WuXians Ohren
waren all diese Sätze absoluter Blödsinn. Er wusste genau, wo Jin
Ling am Nachmittag gewesen war. Außerdem, selbst wenn Wen Ning sich
versteckt hätte, es sei denn, er würde ihn absichtlich rufen, dann
gäbe es keine Möglichkeit, dass ein Junior ihn so leicht finden
würde.
Jiang
Cheng, „Warum hast du das nicht früher gesagt?"
Jin
Ling, „Ich war mir nicht sicher. Die Leiche bewegte sich mit einer
wirklich schnellen Geschwindigkeit und rannte weg, sobald ich hinein
gegangen war. Ich sah nur eine verschwommene Gestalt. Aber ich hörte
die Kettengeräusche, die er auf dem Dafan Berg auch gemacht hatte,
weshalb ich vermute, dass er es gewesen sein könnte. Wenn du mich
nicht so geschimpft hättest, hätte ich mich nicht so verhalten und
es dir gleich nach meiner Rückkehr gesagt. Wenn er wegläuft und du
ihn nicht fangen kannst, dann wäre es das wegen deines schlechten
Temperaments, nicht wegen mir."
Er
wollte immer noch weiter ins Zimmer hineinschauen, aber Jiang Cheng
war so wütend, dass er die Tür direkt vor seinem Gesicht
zugeschlagen hatte. Durch die geschlossene Tür rief Jiang Cheng:
„Ich kümmere mich später um dich. Verschwinde!"
Jin
Ling antwortete mit einem „Oh", und seine Schritte verblassten
in der Ferne. Als er sah, dass sich Jiang Cheng zu ihm herumdrehte,
zog Wei WuXian sofort einen gemischten Gesichtsausdruck von 'Ich bin
so schockiert','mein Geheimnis wurde offenbart', und 'was soll ich
tun, jetzt, wo Wen Ning auch gefunden wurde' aus dem Ärmel.
Jin
Ling war eigentlich ziemlich clever. In dem Wissen, dass Jiang Cheng
Wen Ning mehr als alles andere hasste eine so glatte Lüge zu
erzählen mit dem Vorwissen, was er hatte. Jiang Cheng wusste, dass
der YiLing Patriarch und der Geistergeneral oft zusammen auftraten,
so dass er bereits vermutete, dass Wen Ning in der Gegend sein
könnte. Nachdem er die Worte von Jin Ling gehört hatte, war er
bereits weitgehend davon überzeugt, und der Ausdruck von Wei WuXian
überzeugte ihn noch mehr. Außerdem brach er immer in Wut aus wann
immer er die Erwähnung von Wen Nings Namen hörte. Mit seinen Augen
geblendet vom Zorn, wie sehr konnte er noch zweifeln? Die
Feindseligkeit, die sich in seiner Brust gebildet hatte, hatte ihn
fast dazu gebracht, zu explodieren. Er schnippte mit der Peitsche,
schlug neben Wei WuXian auf den Boden und sprach durch
zusammengebissene Zähne, „Du nimmst deinen gehorchenden Hund
wirklich überall hin mit, nicht wahr?!"
Wei
WuXian sprach: „Er ist doch schon seit langer Zeit tot, und ich bin
auch schon einmal gestorben. Was willst du denn sonst noch?!"
Jiang
Cheng zeigte mit der Peitsche auf ihn: „Na und? Mein Hass wird
immer fortbestehen, auch wenn er noch Tausende von Malen stirbt! Er
ist damals nicht gestorben. Sehr gut! Ich werde ihn heute zerstören,
mit meinen eigenen Händen. Ich werde ihn jetzt verbrennen und seine
Asche direkt vor deinem Gesicht verstreuen!"
Er
schlug die Tür hinter sich zu und ging durch den Laden und befahl
Jin Ling, „Du passt genau auf ihn auf. Glaub oder hör auf nichts,
was er sagt! Lass nicht zu, dass er irgendein Geräusch macht. Wenn
er es wagt, zu pfeifen oder seine Flöte zu spielen, blockiere zuerst
seinen Mund. Wenn das nicht funktioniert, dann schneide ihm einfach
seine Hand ab oder seine Zunge raus!"
Wei
WuXian wusste, dass Jiang Cheng diese Worte besonders laut wegen ihm
aussprach, um ihm damit zu drohen, besser nichts zu tun. Der Grund,
warum Jiang Cheng ihn nicht mitgenommen hatte war, dass er ihm die
Gelegenheit nicht geben wollte, Wen Ning zu kontrollieren. Jin Ling
antwortete in einem nonchalanten Ton, „Ich weiß. Natürlich werde
ich ihn beobachten. Aber, Onkel, warum hast du dich so lange zusammen
mit diesem verdammten Schnittärmel in den Raum da eingeschlossen?
Was hat er diesmal gemacht?"
Jiang
Cheng antwortete: „Das ist keine Frage, die du stellen solltest.
Denke daran, ihn richtig zu beobachten. Wenn ich zurückkehre, um
festzustellen, dass er verschwunden ist, breche ich dir mit
Sicherheit das Bein!"
Nach
ein paar weiteren Fragen über den genauen Standort, ging er mit der
Hälfte der Jünger los auf die Jagd nach dem nicht vorhandenen Wen
Ning.
Nach
einiger Zeit des Wartens kam Jin Lings arrogante Stimme durch: „Du
gehst hinüber und stellst dich da hin. Du, geh und warte an der
Seite. Ihr alle steht vor dem Haupteingang. Ich werde reingehen und
ihn treffen."
Keiner
der Jünger wagte es, ungehorsam zu sein. Nach kurzer Zeit wurde die
Tür wieder geöffnet und Jin Ling steckte seinen Kopf hinein, die
Augen huschten durch den Raum. Wei WuXian setzte sich aufrecht hin.
Jin Ling legte einen Finger an seine Lippen, ging leise hinein, legte
seine Hand auf Zidian, und dann flüsterte er etwas.
Zidian
konnte nur funktionieren, wenn es seinen Besitzer erkannte. Jiang
Cheng hatte es wahrscheinlich zugelassen, dass es Jin Ling
anerkannte. Die elektrischen Ströme gingen sofort aus, und es
verwandelte sich in einen silbernen Ring, darin eingebettet ein
lilafarbener Kristall, der auf Jin Lings hellen Handflächen lag. Jin
Ling sagte mit leiser Stimme: „Lass uns von hier verschwinden."
Nach
den sinnlosen Befehlen waren die Schüler der YunmengJiang-Sekte über
die ganze Gegend verstreut. Die beiden kippten heimlich ein Fenster
und kletterten über die Wände nach draußen. Nachdem sie den Laden
verlassen hatten, sprinteten sie, ohne Lärm zu machen. Als sie in
einen Wald eindrangen, hörte Wei WuXian etwas seltsames, was sich
ihnen von hinten näherte. Als er sich umdrehte, war er fast zu Tode
erschrocken: „Warum kommt der auch mit?! Sag ihm, er soll
verschwinden!"
Jin
Ling pfiff zweimal, und der Hund rollte seine lange Zunge aus. Leise
wimmernd, die spitz zulaufenden Ohren zuckend, lief er entmutigt
davon. Jin Ling spottete vor Verachtung: „Du bist so ein Verlierer.
Fee beißt nie. Er sieht nur beängstigend aus. Er ist ein
spiritueller Hund, der darauf trainiert ist, nur böse Wesen zu
beißen. Denkst du wirklich, dass er nur ein normaler Hund ist?"
Wei
WuXian, „Warte mal. Wie hast du ihn genannt?"
Jin
Ling, „Fee. Das ist sein Name."
Wei
WuXian, „Du hast diesem Hund einen solchen Namen gegeben?!"
Jin
Ling antwortete mit voller Inbrunst: „Was ist falsch mit diesem
Namen? Als er jünger war, nannte ich ihn 'Kleine Fee'. Jetzt, wo er
groß ist, kann ich ihn ja nicht mehr so nennen."
Wei
WuXian verzweifelte: „Nein. Nein. Nein. Der Punkt ist nicht, ob er
klein ist oder nicht! .... Wer um alles in der Welt hat dir diese Art
von Benennung beigebracht?!"
Ohne
Zweifel musste es sein Onkel gewesen sein. In der Vergangenheit hatte
Jiang Cheng auch ein paar Welpen. Die Namen, die er wählte, waren so
etwas wie 'Jasmine', 'Prinzessin', 'Liebe' und so weiter, was wie die
Namen von teuren Mädchen in Bordellen klang.
Jin
Ling fuhr fort: „Wahre Männer achten auf solche Kleinigkeiten
nicht. Warum stresst du dich wegen solcher kleinen Details? Okay!
Stopp. Jetzt, wo du meinen Onkel beleidigt hast, bist du eh schon
halb tot. Nun, ich lasse dich jetzt gehen. Wir sind quitt."
Wei
WuXian fragte: „Weißt du, warum dein Onkel mich will?"
Jin
Ling antwortete: „Ja. Er verdächtigt dich, Wei WuXian zu sein."
Wei
WuXian dachte, Diesmal ist es nicht mehr nur 'verdächtig'. Er hat
die richtige Person.
Er
fragte noch einmal: „Und du? Was ist mit dir? Hast du nicht auch
den Verdacht?"
Jin
Ling, „Es ist nicht das erste Mal, dass mein Onkel so etwas tut. Er
hat nie einen von ihnen gehen lassen, auch wenn es möglich war, dass
er den Falschen erwischt hatte. Aber, wenn Zidian nicht in der Lage
gewesen ist, deinen Geist vom Körper zu trennen, dann werde ich
einfach darauf vertrauen, dass du es nicht bist. Außerdem war er
kein Schnittärmel, aber du hast es sogar einmal gewagt, jemanden zu
belästigen..."
Mit
einem angewiderten Blick hielt er inne, bevor er erwähnte, wen Wei
WuXian belästigt hatte, und machte eine fächelnde Geste, als würde
er Fliegen vertreiben wollen. „Wie auch immer, von jetzt an hast du
nichts mehr mit der LanlingJin-Sekte zu tun! Wenn du es noch einmal
versuchen willst, dann such dir keinen von meiner Sekte aus! Denn
dann lass ich dich nicht mehr so einfach davonkommen!"
Nachdem
er fertig gesprochen hatte, drehte sich Jin Ling um und ging. Nachdem
er ein paar Schritte gegangen war, wandte er sich wieder an ihn:
„Warum stehst du noch da? Geh. Wartest du darauf, das mein Onkel zu
dir kommt um dich abzuholen? Lass mich dir sagen - denk nicht, dass
ich dankbar sein werde, nur weil du mich gerettet hast. Erwarte
nicht, dass ich etwas katzbuckliges sage, das dem würdig ist."
Wei
WuXian legte seine Hände auf den Rücken und ging hinüber: „Junger
Mann, es gibt zwei würdige Redensarten, die jeder mindestens einmal
im Leben gesagt haben sollte, egal was passiert."
Jin
Ling fragte: „Welche beiden?"
Wei
WuXian antwortete: „'Danke' und 'Es tut mir leid'."
Jin
Ling verspottete: „Was kann man mir schon antun, wenn ich es nicht
sage?"
Wei
WuXian, „Eines Tages wirst du diese Worte unter Tränen sagen."
Jin
Ling machte ein spuckendes Geräusch, als Wei WuXian plötzlich zu
ihm sprach: „Es tut mir leid."
Jin
Ling hielt inne, „Was?"
Wei
WuXian, „Es tut mir leid, was ich dir auf dem Dafan Berg gesagt
habe."
Es
war nicht das erste Mal, dass Jin Ling gesagt wurde, er hätte 'keine
Mutter, die ihn unterrichtet', aber es war das erste Mal, dass sich
jemand so ernsthaft bei ihm dafür entschuldigt hatte. Mit einem 'Es
tut mir leid' direkt in sein Gesicht gesprochen, wusste er zwar
nicht warum, aber er fühlte sich plötzlich etwas unwohl.
Er
winkte wild mit den Armen herum: „Es ist nichts. Du warst
jedenfalls nicht die erste Person, die das gesagt hat. Es ist wahr,
dass ich keine Mutter hatte, die mich unterrichten konnte. Aber ich
werde niemandem deswegen in irgendwas nachstehen! In der Tat werde
ich dir die Augen öffnen und dir zeigen, dass ich viel stärker bin
als ihr alle!"
Wei
WuXian lächelte. Als er im Begriff war zu sprechen, änderte sich
sein Ausdruck plötzlich: „Jiang Cheng? Du!"
Jin
Ling fühlte sich bereits schuldig, seit er Zidian gestohlen und Wei
WuXian gehen gelassen hatte. Beim Hören des Namens wirbelte er
herum, um nachzuschauen. Bei dieser Gelegenheit traf Wei WuXians zur
Klinge geformte Hand Jin Lings Nacken. Er legte Jin Ling flach auf
den Boden, rollte den Stoff seines Hosenbeins auf und untersuchte das
Fluchzeichen an seinem Bein. Er hatte ein paar Methoden ausprobiert,
aber keine von ihnen ließen es verblassen. Nach einem Moment seufzte
er und wusste, dass es schwierig werden würde.
Doch
obwohl es einige Fluchspuren gab, die er nicht entfernen konnte,
konnte er sie dennoch auf seinen eigenen Körper übertragen. Jin
Ling wachte nach einer Weile langsam auf. Sich die Hand an den Hals
legend konnte er immer noch den Schmerz fühlen. Er war so wütend,
dass er aufsprang und sein Schwert sofort aus der Scheide zog: „Wie
kannst du es wagen mich zu schlagen! Selbst mein Onkel hat mich noch
nicht einmal geschlagen!"
Wei
WuXian rief aus: „Wirklich? Sagt er nicht ständig, dass er dir die
Beine brechen wird?"
Jin
Ling rauchte vor Wut: „Das sagt er nur so! Du verdammter
Schnittärmel, was zum Teufel willst du? Ich...“
Wei
WuXian bedeckte sein Gesicht und schrie in die Richtung hinter Jin
Ling: „Ah! HanGuang-Jun!"
Jin
Ling hatte mehr Angst vor Lan WangJi als vor seinem Onkel.
Schließlich war sein Onkel derjenige aus seinem eigenen Clan, aber
HanGuang-Jun war von einem anderem. Erschrocken floh er sofort, und
schrie, als er rannte: „Du verdammter Schnittärmel! Ekelhafter
Wahnsinniger! Ich werde mich an dich erinnern! Das hier ist noch
nicht vorbei!"
Hinter
ihm lachte Wei WuXian so sehr, dass er nicht mehr atmen konnte.
Nachdem Jin Ling in der Ferne verschwunden war, stach seine Brust auf
eine stickige Art und Weise und er schaffte es schließlich, das
Lachen zu beenden nach einer Weile des Hustens. Erst dann hatte er
Zeit zum Nachdenken.
Wei
WuXian wurde mit neun Jahren von Jiang FengMian nach Hause gebracht.
Die meisten Erinnerungen von damals waren bereits verschwommen.
Dennoch, Jin Lings Mutter, Jiang YanLi, erinnerte sich stets an alles
und hatte ihm sogar eine ganze Menge erzählt.
Sie
sagte, dass, nachdem ihr Vater von der Nachricht gehört hatte, dass
seine Eltern beide im Kampf gestorben waren, er sich ganz der Suche
nach dem Kind, das diese früheren Freunde zurückgelassen hatten,
gewidmet hatte. Nachdem er schon eine ganze Weile gesucht hatte, fand
er das Kind schließlich in YiLing. Als sie sich das erste Mal
trafen, kniete Wei WuXian auf dem Boden und aß die Fruchtschalen,
die jemand auf den Boden geworfen hatte.
YiLing
Winter und Frühling waren ziemlich kalt, aber das Kind trug nur eine
dünne Schicht an Kleidung. Seine Knie waren bereits aufgeschürft,
und an seinen Füßen waren zwei verschiedene Schuhe, die überhaupt
nicht passten. Wie er so nach unten schaute, um nach Fruchtschalen zu
suchen, rief ihn Jiang FengMian. Er erinnerte sich nur noch daran,
dass da ein 'Ying' in seinem Namen war, also hob er den Kopf. Obwohl
seine Wangen beide rot und seine Lippen von der Kälte aufgesprungen
waren, trug er immer noch ein Lächeln.
Jiang
YanLi sagte, dass er mit einem lächelnden Blick geboren wurde. Egal,
was für unglückliche Dinge geschahen, er würde sich nicht an sie
klammern; egal in welcher Situation er sich befand, er wäre dennoch
glücklich. Obwohl es ein wenig herzlos klang, war es wirklich nicht
schlecht.
Jiang
FengMian gab ihm ein Stück Melone, und er ließ sich von Jiang
FengMian zurücktragen. Anschließend im Lotus Pier, lernte er Jiang
Cheng kennen, der da auch schon acht oder neun Jahre alt war und ein
paar Welpen besaß, um mit ihnen zu spielen.
Als
er herausfand, dass Wei WuXian extreme Angst vor Hunden hatte, schlug
Jiang FengMian Jiang Cheng vor, die Hunde wegzuschicken. Jiang Cheng
war wirklich nicht bereit dazu. Nachdem er in einem Wutanfall Dinge
geworfen und zerbrochen hatte, schmollte er und heulte sich die Augen
aus und schickte dann schließlich die Hunde weg.
Obwohl
er deshalb lange Zeit Wei WuXian gegenüber feindlich gesinnt war,
wurden die zwei nach einer Weile miteinander vertraut, und sie hatten
begonnen, zusammen Unheil anzurichten. Immer wenn er auf Hunde traf,
hatte Jiang Cheng sie immer verjagt und dann gut über Wei WuXian
gelacht, der stets auf einen Baum gesprungen war. Er hatte immer
gedacht, dass Jiang Cheng auf seiner Seite sein würde, und Lan
WangJi auf der Seite ihm gegenüber. Er hätte sich nie vorstellen
können, dass die Dinge so anders laufen würden.
Wei
WuXian ging auf den Treffpunkt zu, an dem er und Lan WangJi sich
treffen wollten. Niemand ging zwischen den spärlichen Lichtern, die
in der Nacht flackerten. Ohne sich umzusehen, stand dort die
weißgekleidete Gestalt am Ende der Straße und stand bewegungslos
mit tief hängendem Kopf da.
Bevor
Wei WuXian ein Geräusch machen konnte, blickte Lan WangJi auf und
sah ihn an. Nach einiger Zeit ging er zögernd mit einem
abgedunkelten Gesichtsausdruck hinüber.
Wei
WuXian wusste nicht, warum, aber er machte unfreiwillig einen Schritt
zurück.
Er
konnte beinahe die scharlachroten Blutstreifen in den Augenwinkeln
von Lan WangJi sehen. Er musste zugegeben.... Lan WangJis Gesicht sah
wirklich ziemlich beängstigend aus.
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