Kapitel
19: Zufriedenheit – Teil Eins
Den
Berg verlassen um durchzubrennen
Wei WuXian
lag die ganze Nacht auf dem Bauch. Die erste Hälfte der Nacht hatte
er damit zugebracht, darüber nachzugrübeln, was um alles in der
Welt in den vergangenen Jahren mit Lan WangJi passiert war, um dann
darüber in der zweiten Hälfte wegzudämmern. Als er am nächsten
Morgen die Augen öffnete, hatte sich Lan WangJi bereits in Luft
aufgelöst. Andererseits lag er nun richtig auf dem Bett, mit den
Armen seitlich am Körper und in einer Position, die ihn sittsam
erscheinen ließ.
Wei WuXian warf sich sofort die Decke vom Körper, die ihn bedeckte. Er grub die Finger seiner rechten Hand in sein Haar. Dieses unerklärliche Gefühl von Absurdität und Schrecken hatte er immer noch nicht abschütteln können.
In diesem Moment klopfte es zweimal an der Holztür des Jingshi. Die Stimme von Lan SiZhui kam von außen, „Junger Meister Mo? Bist du aufgewacht?"
Wei WuXian, „Warum rufst du mich schon so früh am Morgen?!"
Lan SiZhui, „Fr-Früh? .... Aber es ist schon neun."
Jeder der Lan-Sekte stand systematisch um fünf Uhr auf und ging um neun Uhr schlafen. Wei WuXian hingegen stand grundsätzlich erst um neun Uhr auf und schlief ab eins, also jeweils vier Stunden später als die der Lan-Sekte. Weil er die Hälfte der Nacht auf dem Bauch gelegen hatte schmerzten sowohl seine Taille als auch sein Rücken. Er sprach in einem ehrlichen Ton: „Ich kann nicht aufstehen."
Lan SiZhui, „Ähm, was ist denn diesmal los?"
Wei WuXian, „Was los ist? Euer Sekten-HanGuang-Jun hat mich total erledigt."
Lan JingYis wütende Stimme kam hinzu: „Wenn du weiterhin so einen Unsinn sprichst, wirst du dafür bezahlen. Komm raus!"
Wei WuXian sprach, als ob ihm Unrecht getan worden wäre: „Wirklich! Er hat mich die ganze Nacht fertiggemacht! Ich kann nicht rauskommen. Ich kann jetzt niemandem ins Gesicht sehen."
Ein paar Junioren starrten sich verblüfft vor der Tür an. Man dürfte nicht ohne Erlaubnis in HanGuang-Juns Unterkunft gehen, also konnten sie nicht einfach hineingehen und ihn herausziehen. Lan JingYi wurde wütend: „Du besitzt überhaupt kein Schamgefühl! HanGuang-Jun ist kein Schnittärmel. Er hat dich erledigt?! Ich wäre dir mehr als dankbar, wenn du mir sagen würdest, dass du ihn nicht erledigt hast. Steh auf! Nimm deinen Esel und trainiere ihn richtig. Es macht so viel Lärm!"
Als Wei WuXian hörte, wie seine Transportmethode erwähnt wurde, stand er schnell auf, „Was habt ihr mit meinem kleinen Apfel gemacht? Fasst ihn nicht an. Er wird euch treten."
Lan JingYi fragte: „Was denn für ein kleiner Apfel?"
Wei WuXian, „Mein Esel!"
Als er den
Jingshi verließ, scheuchte er die Junioren, um ihn zu seinem
Reittier zu bringen. Er wurde zu einer Wiese geführt. Der Esel stand
dort, wieherte ununterbrochen und machte somit viel Lärm. Das
Geschrei kam daher, weil er Gras fressen wollte, aber ein paar
Dutzend runder, weißer Pompoms sich auf dieser Wiese versammelt
hatten und es ihm so zu schwierig machten, es zu essen. Wei WuXian
war begeistert: „Wow! So viele Kaninchen! Hier, und hier! Lasst sie
uns auf einen Stock stecken und anfangen, sie zu braten!"
Lan JingYi kochte vor Wut: „Töten ist in den Wolken-Schluchten verboten! Mach, dass er still ist. Die Jünger, die in den Morgenlesungen sitzen, waren bereits schon einige Male hier, um sich zu beschweren! Wenn das so weiter geht, werden wir zu Tode geschimpft werden!"
Wei WuXian fütterte ihn mit dem Apfel, der ihm zum Frühstück gegeben worden war. Wie er es erwartet hatte, hörte der Esel auf, Lärm zu machen, während er den Apfel kaute und mit seinen Zähnen knirschte. Wei WuXian streichelte seinen Hals, während er über die Jade-Steine zur Passage der Junioren nachdachte und zeigte auf die runden Kaninchen überall auf dem Boden: „Ich kann sie wirklich nicht braten? Wenn ich sie brate, würde ich dann vom Berg geworfen werden?"
Als ob er einer unmittelbaren Bedrohung ausgesetzt wäre, sprang Lan JingYi direkt vor Wei WuXian und blockierte ihn mit weit gestreckten Armen, „Das sind HanGuang-Juns. Wir helfen ihm nur gelegentlich, sich um sie zu kümmern. Du wirst es nicht wagen, auch nur einen zu braten!"
Als Wei WuXian das hörte, lachte er so heftig, dass er fast zu Boden fiel. Er dachte,
Was für eine interessante Person Lan Zhan doch ist! Früher akzeptierte er sie nicht einmal, als ich sie ihm schenken wollte, aber jetzt zieht er heimlich einen ganzen Haufen auf. Und er sagte, er wolle sie nicht. Wen wollte er verarschen? Oh bitte, ich wette, er mag tatsächlich so kleine, weiße, kuschelige Dinge. HanGuang-Jun hält ein Kaninchen, während er ein finsteres Gesicht zieht. Meine Güte, ich werde sterben.....
Als er jedoch an die Situation dachte, in der er sich gestern Abend auf Lan WangJi liegend befunden hatte, hörte sein Lachen abrupt auf. Plötzlich erklang Glockengeläut von der westlichen Seite der Wolken-Schluchten.
Diese Klänge waren völlig anders als die, die einem die gegebene Zeit sagten. Sie waren schnell und klangen harsch, als ob ein Verrückter sie gerade läuten würde. Mit einer plötzlichen Veränderung in ihren Gesichtern, hörten Lan JingYi
und Lan SiZhui beide auf, mit ihm herumzualbern und rasten sofort in die Richtung des Glockengeläuts.
Wei WuXian
wusste, dass etwas nicht stimmte und folgte ihnen schnell.
Das Geräusch kam von einem Wachturm. Der Wachturm wurde als 'Mingshi' bezeichnet. Es war das Gebäude, in dem die Lan-Sekte ihre Geister-Beschwörungen durchführte, mit Wänden aus einem speziellen Material und Beschwörungsformel, die darauf geschnitzt waren. Wenn die Glocke des Wachturms von alleine das Läuten begonnen hatte, dann bedeutete das nur eines - dass mit den Leuten, die gerade ein Beschwörungsritual im Inneren durchführten, etwas passiert sein musste.
Das Geräusch kam von einem Wachturm. Der Wachturm wurde als 'Mingshi' bezeichnet. Es war das Gebäude, in dem die Lan-Sekte ihre Geister-Beschwörungen durchführte, mit Wänden aus einem speziellen Material und Beschwörungsformel, die darauf geschnitzt waren. Wenn die Glocke des Wachturms von alleine das Läuten begonnen hatte, dann bedeutete das nur eines - dass mit den Leuten, die gerade ein Beschwörungsritual im Inneren durchführten, etwas passiert sein musste.
Außerhalb des Wachturms versammelten sich immer mehr Anhänger der Lan-Sekte, aber niemand wagte es, ohne sorgfältige Überlegung hineinzugehen. Die Tür des Mingshi war schwarz und aus Holz gefertigt. Sie war fest verschlossen, und nur von innen zu öffnen. Es wäre nicht nur schwierig, sie gewaltsam von außen zu zerstören, sondern es war auch verboten, es zu tun.
Es war
extrem beängstigend, wenn ein Unfall während eines
Geisterbeschwörungsrituals passierte, da niemand wissen konnte, was
für ein Wesen dort beschworen worden war oder was passieren würde,
wenn jemand nun dort einbrach. Und seit dem Bau des Mingshi gab es
fast keine Fälle, in denen die Beschwörung im Mingshi
fehlgeschlagen wäre. Das machte allen noch mehr Sorgen.
Als Wei WuXian sah, dass Lan WangJi nicht erschienen war, hatte er eine böse Vorahnung. Wenn Lan WangJi noch in den Wolken-Schluchten war, wäre er sofort hinübergeeilt, wenn er den Alarm der Glocken gehört hätte, es sei denn.... Plötzlich sprang die schwarze Tür mit einem Knall auf. Ein weißgekleideter Schüler eilte nach draußen, taumelte und stolperte. Da seine Beine ihn wohl nicht mehr halten konnten, rollte er die Treppe hinunter, sobald er nach draußen gekommen war. Die Tür des Mingshi schloss sich sofort wieder, als ob sie jemand wütend zugeschlagen hätte.
In Verwirrung halfen die Umstehenden dem Schüler schnell auf. Nachdem er aufgestanden war, brach er erneut wieder zusammen, sein Gesicht war voller Tränen und er weinte unkontrollierbar. Er klammerte sich an die Leute um ihn herum, „Wir hätten.... wir hätten es nicht rufen sollen...."
Wei WuXian ergriff sofort seine Hand und sprach mit leiser Stimme: „Welchen Geist von welchem Wesen habt ihr beschworen? Wer ist da noch drin? Wo ist HanGuang-Jun?!"
Es schien, als hätte der Schüler Schwierigkeiten beim Atmen, „HanGuang-Jun sagte mir, ich solle weglaufen...."
Bevor er seinen Satz beenden konnte, sprudelte dunkelrotes Blut aus seiner Nase und seinem Mund. Wei WuXian drückte ihn in Lan SiZhuis Arme. Mit der eilig gebauten Bambusflöte, die noch immer an seiner Taille hing, ging er in wenigen Schritten die Treppe hinauf. Er trat gegen die Tür des Mingshi und befahl, „Öffnen!"
Die Tür des Mingshi öffnete sich abrupt, als ob sie mit weit geöffneten Mund wild lachen würde. Wei WuXian trat blitzschnell ein, und die Tür schloss sich direkt hinter ihm. Ein paar der Jünger waren ihm unter Schock gefolgt, aber die Tür konnte nicht mehr geöffnet werden, egal was sie auch versuchten. Ein Gastschüler schlug gegen die Tür, Schock und Wut war auf seinem Gesicht zu sehen und er platzte heraus: „Wer um alles in der Welt war dieser Kerl?!"
Lan SiZhui hielt den verletzten Schüler hoch und sprach durch zusammengebissene Zähne, „.... Komm und hilf mir zuerst. Sein Qiqiao blutet!"
Sobald er den Mingshi betreten hatte, spürte Wei WuXian, wie sich eine dunkle Energie über ihn legte.
Die dunkle Energie schien wie eine Kombination zu sein aus den Energien von Verärgerung, Wut und Arroganz, für das menschliche Auge fast unsichtbar. Nur von ihr umgeben zu sein, verursachte ein verengtes Schmerzempfinden in der Brust. Das Innere des Mingshi war sowohl in der Länge als auch in der Breite etwa zehn Meter. In seinen Ecken lagen einige wenige bewegungslose Menschen auf dem Boden. Das Ziel dieser Beschwörung war in der Mitte einer Anordnung auf dem Boden platziert. Es war nichts anderes als ein Arm – und zwar derjenige, der aus dem Dorf Mo mit zurückgebracht worden war!
Er stand auf dem Boden, gerade wie ein Stock, mit der Seite, an dem er abgeschnitten worden war, auf dem Boden. Vier seiner Finger waren zu einer Faust zusammengeballt, doch sein Zeigefinger zeigte nach oben in den Himmel, als ob er wütend auf jemanden zeigen würde. Der stetige Fluss an dunkler Energie, der das Mingshi erfüllte, ging von ihm aus.
Jeder, der
an diesem Beschwörungsritual teilgenommen hatte, war entweder
geflohen oder ohnmächtig geworden. Lan WangJi war der einzige, der
noch richtig saß, an der Hauptposition auf der Ostseite. Eine Guqin
lag neben ihm. Obwohl seine Hände nicht auf ihren Saiten lagen,
schwangen sie auf sich allein gestellt weiter.
Er schien in
Gedanken versunken zu sein oder auf etwas zu hören und erhob nur
seinen Kopf, als er spürte, dass jemand hereingekommen war.
Da Lan WangJis Gesicht immer gelassen wirkte, hatte Wei WuXian keine Ahnung, was er gerade dachte. Lan QiRen, der ursprünglich für einen anderen Abschnitt des Mingshi verantwortlich war, lag zusammengebrochen und bewusstlos in der Nähe, sein Qiqiao blutete ebenso wie das des Schülers, der aus dem Mingshi geflohen war.
Wei WuXian
würde ihn ersetzen, drehte sich um und betrat so die Hauptposition
im Westen, direkt gegenüber von Lan WangJi. Er zog die Bambusflöte
aus seinem Gürtel an der Taille heraus und hob sie an seine Lippen.
In der Nacht
im Dorf von Mo hatte Wei WuXian zuerst einen Pfeifton benutzt, um ihn
abzulenken, dann hatte Lan WangJi ihn aus der Ferne mit Noten der
Zither angegriffen. Sie hatten den Arm damit nur unterdrückt während
sie unbeabsichtigt zusammenarbeitet hatten. Lan WangJi begegnete
seinem Blick, ein verständnisvoller Ausdruck auf seinem Gesicht. Als
er seine rechte Hand hob, strömte eine Melodie aus der Guqin. Wei
WuXian schloss sich schnell mit der Flöte an.
Das Lied,
das sie spielten, hieß 'Heraufbeschwörung'. Es benutzte die Leiche,
einen Teil der Leiche, oder einen geliebten Gegenstand der
verstorbenen Person als Medium für den Geist, um der Melodie zu
folgen. Normalerweise wurde nur ein Abschnitt des Liedes benötigt,
damit der Geist innerhalb der Anordnung erscheinen konnte. Jedoch
hatten sie das Lied fast beendet, aber es gab keinen Geist, der
gerufen worden war.
Der Arm
schien wütend zu sein, die Venen zuckten sichtbar. Das Gefühl der
Unterdrückung in der Luft fühlte sich immer schwerer an. Wenn
jemand anderes die Westseite bewacht hätte, dann wäre er nun
ebenfalls gefallen und auf die gleiche Weise wie Lan QiRen mit seinen
Qiqiao-Blutungen geendet. Wei WuXian war insgeheim schockiert. Es war
eigentlich unmöglich, dass der Geist nicht beschworen werden konnte,
wenn Lan WangJi und er zusammen 'Heraufbeschwörung' spielten, es sei
denn.... es sei denn, die Seele des Toten war zusammen mit seiner
Leiche auseinander geschnitten worden!
Es schien,
dass der Tod dieses guten Mannes etwas schlimmer gewesen war als sein
eigener. Obwohl seine Leiche in viel mehr Stücke zerrissen worden
war, so war zumindest seine Seele vollständig geblieben.
Da
'Heraufbeschwörung' nicht funktionierte, änderte sich Lan WangJis
Fingerhaltung und er fing an, eine andere Melodie zu spielen. Dieses
Lied hatte eine ruhige Melodie, anders als die finstere, fragende
Melodie von zuvor. Sie trug den Namen 'Ruhen'. Weil diese beiden
Lieder in der Kultivierungswelt ziemlich bekannt waren, war es nicht
seltsam, dass jemand wusste, wie man sie spielte, und so folgte ihm
Wei WuXian natürlich.
Die
Geisterflöte des YiLing-Patriarchen, 'Chenqing', war weit und breit
bekannt gewesen. Doch jetzt, mit seiner Bambusflöte, spielte er sie
bewusst mit vielen Fehlern und kurzen Lufthauchern, bis zu einem
Punkt, an dem es herzzerreißend war ihm zu zu hören. Lan WangJi
hatte wahrscheinlich noch nie mit jemanden gespielt, der so
schreckliche Fertigkeiten aufwies. Nach einer Weile konnte er es
schließlich nicht mehr ertragen, so zu tun als würde nichts falsch
klingen, und er hob den Kopf, um Wei WuXian mit einem ausdruckslosen
Gesicht anzusehen.
Wei WuXian
verdickte sein Gesicht und tat so, als ob er nichts gesehen hätte,
seine Melodie schien dem noch eins drauf zu setzen. Als er sich
umdrehte, um weiterzuspielen, passierte hinter ihm etwas Seltsames.
Er drehte sich um, um nachzusehen, und war schockiert über das, was
er sah. Lan QiRen, der sein Bewusstsein verloren hatte, saß
tatsächlich wieder aufrecht. Er zeigte mit zitternder Hand auf Wei
WuXian, sein Gesicht war voller Blut und Wut und rief mit heiserer
Stimme: „Hör auf zu spielen! Raus mit dir! Verschwinde sofort!
Stopp...."
Bevor er
überhaupt damit fertig war, ihm zu sagen, womit er stoppen sollte,
spuckte er einen Schwall Blut aus und sackte an der gleichen Stelle
in sich zusammen und versank wieder in ein tiefes Koma.
Lan WangJi,
„...."
Wei WuXian
war erstaunt.
Er wusste,
was nach Lan QiRens 'stopp' noch folgen sollte - Hör auf zu
spielen! Hört auf mit dem Duett! Hör auf, die Klänge der Guqin
meines Lieblingsschülers WangJi zu beschmutzen!
Ihr Duett
von Guqin und Flöte hatte Lan QiRen tatsächlich so sehr erzürnt,
dass er aufwacht war, um dann wieder in Ohnmacht zu fallen. Das
zeigte nur, wie schrecklich es klingen musste.....
Dennoch sank
die Hand unter den vereinten Kräften der Guqin und der Flöte
allmählich zusammen. Wei WuXian dachte schamlos: Obwohl es
grausig klingt, spielt es keine Rolle, solange es funktioniert.
Sofort,
nachdem das letzte Echo der Guqin verklungen war, öffnete sich die
Tür des Mingshi und und ließ eine Flut an Sonnenlicht ein. Es war
wahrscheinlich, dass die Alarmglocken des Wachturms aufgehört hatten
zu klingeln. Alle Jünger, die um den Mingshi herum gestanden hatten,
eilten auf einmal hinein, ihre Stimmen riefen: „HanGuang-Jun!"
Lan WangJi
drückte seine Hand auf die Guqin und unterdrückte den Restklang der
Saiten und ging zu Lan QiRen, um seinen Puls zu überprüfen. Mit ihm
an der Spitze, schienen sich alle recht schnell zu beruhigen. Die
Älteren legten die Körper der Verletzten flach auf den Boden und
fingen an, sie zu behandeln. Als sie Nadeln und Medikamente
benutzten, trug eine weitere Gruppe von Jüngern eine große Glocke
hinüber und beabsichtigte damit, den Arm im Inneren zu versiegeln.
Obwohl es sich um eine geschäftige Szene handelte, lief alles
geordnet ab. Alle flüsterten leise, und niemand machte laute
Geräusche.
Ein paar
Leute machten sich Sorgen, „HanGuang-Jun, weder Elixiere noch
Akupunktur wirken. Was sollen wir tun?"
Da immer
noch drei Finger auf Lan QiRens Handgelenk lagen, schwieg Lan WangJi.
Lan QiRen hatte zuvor mindestens achthundert, wenn nicht sogar
tausend Geisterbeschwörungszeremonien geleitet. Darunter waren viele
von ihnen mit wilden Geistern gewesen. Zu sehen, dass selbst er von
der verärgerten Energie verletzt worden war, machte klar, dass die
Menge an verärgerter Energie in dieser Geisterhand beispiellos stark
war.
Wei WuXian
steckte die Bambusflöte zurück in den Gürtel an seiner Taille. Er
hockte sich auf den Boden neben die Bronzeglocke und streichelte
sanft ihre Inschriften. Als er nachdachte, sah er plötzlich einen
niedergeschlagenen Ausdruck auf Lan SiZhuis Gesicht, „Was ist los?"
Lan SiZhui
wusste bereits, dass Wei WuXian kein gewöhnlicher Mensch war. Nach
einigem Zögern sprach er mit leiser Stimme, „Es ist nur, dass ich
mich leicht schuldig fühle."
Wei WuXian
fragte: „Schuldig wegen was?"
Lan SiZhui,
„Diese Hand kam wegen uns."
Wei WuXian
lächelte: „Woher weißt du das?"
Lan SiZhui,
„Spirituelle Anziehungsflaggen unterschiedlicher Stärke werden auf
unterschiedliche Weise gezeichnet und haben unterschiedliche Mengen
an Energie. Die Fahnen, die wir im Dorf von Mo gezeichnet haben,
hatten eine Reichweite im Umkreis von nur fünfundzwanzig-hundert
Metern. Doch diese Geisterhand hat eine starke Tötungsabsicht, um
sich von menschlichem Fleisch und Knochen zu ernähren. Wenn sie von
Anfang an in diesem Bereich gewesen wäre, und mit ihrer
Boshaftigkeit, dann wäre das Dorf von Mo schon längst ein Blutbad
gewesen. Wie auch immer... sie erschien jedoch erst nach unserer
Ankunft.... Das bedeutet, dass es dort absichtlich und zu diesem
Zeitpunkt von jemandem mit bösen Absichten hingebracht worden sein
muss."
Wei WuXian
antwortete: „Deine Schlussfolgerungen sind ziemlich stark. Das war
eine tolle Analyse."
Lan SiZhui
senkte den Kopf, „Wenn dem so ist, dann sollten wir für die, die
im Mo Dorf ihr Leben verloren haben, Verantwortung übernehmen. Und
jetzt haben wir auch Lan QiRen und die anderen in diese Angelegenheit
mit hineingezogen...."
Nach einem
Moment der Stille klopfte Wei WuXian ihm auf die Schulter: „Der
Verantwortliche solltet nicht ihr Jungs sein, sondern die Person, die
die Geisterhand ausgesandt hat. In dieser Welt gibt es einige Dinge,
die unmöglich jemand alleine kontrollieren kann."
Auf der
anderen Seite nahm Lan WangJi seine Hand weg. Die Leute der Lan Sekte
beeilten sich zu fragen, „HanGuang-Jun, wie geht es nun weiter?"
Lan WangJi
antwortete: „Wir müssen die Quelle finden."
Wei WuXian,
„Das ist richtig. Wenn wir zu seiner Quelle zurückkehren, finden
wir die vollständige Leiche dieser Geisterhand, verstehen, wer er
wirklich war, und dann gäbe es natürlich einen Weg, sie zu retten."
Obwohl Lan
JingYi bereits wusste, dass er definitiv kein Verrückter war, konnte
er trotzdem nicht anders als in einem kritisierenden Ton zu sprechen:
„Bei dir klingt es so einfach. Die Geisterbeschwörung hat nicht
funktioniert, und es wurde zu so einem großen Chaos. Wie sollen wir
die Leiche so finden?"
Lan WangJi
sagte: „Im Nordwesten."
Lan SiZhui
fragte sich: „Im Nordwesten? HanGuang-Jun, warum ist es der
Nordwesten?"
Wei WuXian,
„Hat es euch das denn nicht schon gezeigt?"
Lan JingYi
war verwirrt: „Uns gezeigt? Wer? Wer hat was gezeigt? HanGuang-Jun
hat uns nichts gezeigt."
Wei WuXian
sprach, „Es."
Die Leute
erkannten plötzlich, dass das, worauf er zeigte, die Geisterhand
war!
Der Arm
zeigte gleichmäßig in eine Richtung. Als jemand seine Position
änderte, drehte er sich hartnäckig um, und zurück zu dem, wie er
ursprünglich gestanden hatte. Niemand hatte jemals zuvor eine
Situation wie diese gesehen, und alle waren schockiert. Lan JingYi
stammelte, „Es? Was.... Auf was deutet es hin?!"
Wei WuXian
antwortete: „Worauf kann es noch hinweisen? Es sind entweder die
anderen Teile seines Körpers oder der Mörder, der ihn in diesen
Zustand gebracht hat."
Als sie das
hörten, schlurften ein paar Jungen, die in nordwestlicher Richtung
gestanden hatten, schnell zur Seite.
Mit einem
Blick auf ihn erhob sich Lan WangJi langsam und sprach zu den
Jüngern: „Kümmert euch vernünftig um den Onkel."
Einige
nickten: „Okay! Wirst du den Berg hinuntergehen?"
Lan WangJi
nickte leicht. Wei WuXian hatte sich bereits heimlich hinter ihm
positioniert, redete auf eine laute, fröhliche Art und Weise mit
sich selbst: „Ja, ja, ja, jetzt kommen wir endlich von diesem Berg
runter und können zusammen durchbrennen!"
Alle sahen
aus, als könnten sie es nicht mehr ertragen, sich diese Szene noch
länger anzusehen. Die Gesichtsausdrücke der älteren Schüler waren
besonders beängstigend, aber einige der Jungen hatten sich bereits
daran gewöhnt. Lan QiRens Gesicht schien wieder zu zu zucken,
während er bewusstlos auf dem Boden lag. Die Jünger dachten, Wenn
er noch ein paar Sätze weitersprechen würde, vielleicht würde dann
Meister Lan wieder wütend wach werden.....
Informationen
Mingshi:
Das bedeutet wörtlich "der Raum der Finsternis/ des Bösen".
Qiqiao:
Qiqiao bezieht sich auf die sieben Öffnungen des Kopfes, im
Wesentlichen Augen, Nase (Nasenlöcher), Ohren und Mund.
Nadeln:
In der traditionellen chinesischen Medizin werden Nadeln und
Akupunktur oft zur Heilung von Krankheiten verwendet.
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