Freitag, 1. November 2019

Kapitel 125


Kapitel 125: Lotusschoten
Die Sommerzeit der Jugend

Lotus Pier, Yunmeng.

Außerhalb der Duellhalle besangen die Zikaden den Sommer, im Inneren hingegen bedeckte eine ziemlich unansehnliche Reihe von menschlichen Körpern den Boden.

Ein Dutzend Jungen, alle oben ohne, lagen auf den Holzdielen der Halle. Sie drehten sich ab und zu um, wie ein Dutzend brutzelnde Pfannkuchen, und stießen ein Stöhnen aus, als ob sie im Sterben lägen.

„Es ist....“

„So heiß....“

Mit geschlossenen Augen dachte Wei WuXian, Wenn es doch hier nur so kühl wäre wie in den Wolkenschluchten.

Die Temperatur der Holzdielen unter ihm hatte die Körpertemperatur von ihm wieder aufgenommen, und so drehte er sich um. Zufällig drehte sich auch Jiang Cheng in diesem Moment um. Die beiden berührten einander, Arm an Arm. Wei WuXian rief sofort aus: „Jiang Cheng, beweg deinen Arm da weg. Du bist heiß wie ein Stück Kohle.“

Jiang Cheng, „Beweg du dein Bein.“

Wei WuXian, „Ein Arm ist leichter als ein Bein. Es ist schwieriger für mich, mein Bein zu bewegen, also solltest du stattdessen deinen Arm bewegen.“

Jiang Cheng zischte: „Ich warne dich, Wei WuXian, übertreib es nicht. Halt die Klappe und sag nichts mehr. Es wird immer heißer, je mehr du redest!“

Der sechste Shidi schaltete sich ein: „Hört auf zu streiten, okay? Mir wird noch heißer, wenn ich euch beiden nur zuhöre. Dann schwitze ich noch schneller.“

Auf der anderen Seite des Raumes flogen bereits die Arme und Beine durch in der Luft, „Verpiss dich!“

„Selber!“

„Nein, nein, nein – bitte nach dir!“

„Nein, danke. Du kannst dich zuerst verpissen!“

Die Shidi beschwerten sich alle: „Kämpft draußen, wenn ihr kämpfen müsst!“

„Könnt ihr euch nicht verpissen, ja? Wir flehen euch an!“

Wei WuXian, „Hast du das gehört? Sie sagen dir, dass du gehen sollst. Lass.... mein Bein los - es wird sonst brechen, Himmel noch mal!“

Venen kreuzten Jiang Chengs gefurchte Stirn: „Sie sagen eindeutig zu dir, dass du gehen sollst.... Du lässt zuerst meinen Arm los!“

Plötzlich hörten sie aus dem Holzflur draußen die Geräusche eines langen Kleides, das über den Boden gezogen wurde. Wie von einem Blitz getroffen stoben die beiden auseinander. Sofort wurden die Bambusvorhänge aufgezogen, und Jiang YanLi schaute hinein: „Oh, also hier versteckt ihr euch alle.“

Alle begrüßten sie, „Shijie!“

„Hallo, Shijie.“

Einige der schüchterneren Sorte konnten nicht anders, als sich in die Ecken zu schleichen und ihre Oberkörper mit den Armen zu bedecken.

Jiang YanLi, „Kein Schwerttraining heute? Ihr lasst nach, nicht wahr?“

Wei WuXian protestierte: „Es ist heute glühend heiß - der Trainingsplatz brennt. Wir werden eine ganze Schicht Haut verlieren, wenn wir üben. Sag es niemandem, Shijie.“

Vorsichtig sah Jiang YanLi Jiang Cheng und ihn von oben bis unten an: „Habt ihr beide wieder gestritten?“

Wei WuXian, „Nein!“

Nun trat Jiang YanLis Körper ganz in den Raum hinein. Sie hielt einen Teller mit etwas in der Hand: „Wer hat dann den Fußabdruck auf A-Chengs Brust gemacht?“

Als Wei WuXian hörte, dass er Beweise hinterlassen hatte, drehte er sich zur Überprüfung um. Es war zwar da, aber niemand kümmerte sich mehr darum, ob sie noch länger gekämpft hatten. In Jiang YanLis Händen befand sich ein großer Teller mit bereits geschnittenen Wassermelonenstückchen. Die Jungen eilten zu ihr hinüber, verteilten die Stücke in wenigen Sekunden, setzten sich auf den Boden und kauten die Wassermelone. Schon bald bildete sich ein kleiner Berg aus Wassermelonenschalen auf der Platte.

Was auch immer sie taten, Wei WuXian und Jiang Cheng mussten gegeneinander antreten, auch wenn es ums Essen von Wassermelonen ging. Mit Gewalt und List schubsten sie sich so heftig, dass der andere davonflog und man selbst schnell ein ganzes Gebiet für sich beanspruchen konnte. Zunächst war Wei WuXian ziemlich beschäftigt mit dem Essen von Wassermelonen, aber eine Weile später ließ er plötzlich ein Lachen los.

Jiang Cheng war sofort alarmiert: „Was hast du diesmal vor?“

Wei WuXian griff nach einem anderen Stück: „Nichts! Versteh das nicht falsch. Ich werde nichts tun. Ich habe gerade nur an jemanden gedacht.“

Jiang Cheng, „An wen?“

Wei WuXian, „Lan Zhan.“

Jiang Cheng, „Warum denkst du ohne Grund an ihn? Erinnerst du dich daran, wie es sich anfühlt hat, Sektenregeln zu kopieren?“

Wei WuXian spuckte einen Kern aus: „Es macht Spaß, an ihn zu denken. Du weißt nicht einmal, dass er einfach zu amüsant ist. Ich sagte ihm, dass das Essen seiner Sekte ekelhaft sei. Ich würde lieber pürierte Wassermelonenschale essen, als sein Essen. Das, wenn er Zeit hat, er zum Lotus Pier kommen sollte, um sich mit uns zu vergnügen....“

Bevor er überhaupt ausgesprochen hatte, schlug ihm Jiang Cheng seine Wassermelone aus der Hand: „Bist du verrückt? Ihn zum Lotus Pier einzuladen - versuchst du, dich selbst zu quälen?“

Wei WuXian, „Warum bist du so verärgert? Meine Wassermelone ist fast weggeflogen! Ich wollte nur höflich sein. Natürlich wollte er nicht kommen. Hast du jemals gehört, dass er allein irgendwo hingeht, um Spaß zu haben?“

Jiang Cheng zeigte einen strengen Ausdruck: „Lass uns das klarstellen. Ich will sowieso nicht, dass er herkommt. Lade ihn nicht ein.“

Wei WuXian, „Ich wusste nicht, dass du ihn so sehr hasst?“

Jiang Cheng, „Ich habe nichts gegen Lan WangJi, aber wenn er wirklich kommt, hat meine Mutter vielleicht etwas zu sagen und vergleicht mich mit dem Kind eines anderen, und dich würde es dann auch nicht besser treffen.“

Wei WuXian, „Keine Sorge. Es gibt nichts, wovor man Angst haben müsste, auch wenn er kommt. Wenn er kommt, kannst du Onkel Jiang sagen, dass er bei mir schlafen soll. Ich werde ihn in weniger als einem Monat definitiv verrückt machen.“

Jiang Cheng schnaubte: „Du willst einen ganzen Monat mit ihm zusammen schlafen? Dann sage ich, dass du innerhalb einer Woche erstochen wirst.“

Wei WuXian war nicht besorgt: „Sollte ich Angst vor ihm haben? Wenn wir wirklich anfangen würden zu kämpfen, dann könnte er vielleicht nicht einmal gegen mich gewinnen.“

Die anderen jubelten ihm sofort zu. Jiang Cheng verspottete seine Überheblichkeit, aber er wusste, dass Wei WuXian nicht mit seinen Worten prahlte. Jiang YanLi setzte sich zwischen die beiden: „Von wem sprichst du? Ein Freund, den du in Gusu gefunden hast?“

Wei WuXian antwortete glücklich: „Ja!“

Jiang Cheng, „Was für ein schamloser 'Freund' du bist. Frag Lan WangJi und schau, ob er dich als solchen überhaupt will.“

Wei WuXian, „Verpiss dich. Wenn er mich nicht will, werde ich ihn so lange nerven, bis er es tut.“

Er wandte sich an Jiang YanLi, „Shijie, kennst du Lan WangJi?“

Jiang YanLi, „Das tue ich. Er ist der zweite junge Meister Lan, den jeder als gutaussehend und talentiert bezeichnet, nicht wahr? Ist er wirklich so attraktiv?“

Wei WuXian, „Das ist er!“

Jiang YanLi, „Und im Vergleich zu dir?“

Wei WuXian dachte einen Moment darüber nach: „Vielleicht nur ein bisschen attraktiver als ich.“

Er deutete einen ziemlich kleinen Abstand zwischen seinen zwei Fingern an. Jiang YanLi nahm den Teller weg und lächelte: „Dann muss er wirklich sehr gut aussehen. Es ist gut, dass du einen neuen Freund gefunden hast. In Zukunft könnt ihr beide euch in eurer Freizeit gegenseitig besuchen.“

Als Jiang Cheng das hörte, spuckte er seine Wassermelone aus. Wei WuXian winkte mit den Händen, „Vergiss es, vergiss es. Alles, was bei ihm zu Hause ist, ist schlechtes Essen und eine ganze Reihe von Regeln. Ich werde nicht wieder hingehen.“

Jiang YanLi, „Dann kannst du ihn hierhin mitbringen. Das ist eine gute Gelegenheit. Warum lädst du deinen Freund nicht ein, für einige Zeit am Lotus Pier zu bleiben?“

Jiang Cheng, „Hör nicht auf seinen Unsinn, Schwester. Er war super nervig in Gusu. Lan WangJi würde niemals mit ihm nach Hause kommen wollen.“

Wei WuXian, „Was meinst du damit? Natürlich würde er das.“

Jiang Cheng, „Wach auf. Lan WangJi hat dir gesagt, du sollst verschwinden, hast du ihn nicht gehört? Erinnerst du dich noch daran?“

Wei WuXian, „Was weißt du schon?! Obwohl er mir oberflächlich gesagt hat, dass ich verschwinden solle, weiß ich mit Sicherheit, dass er heimlich mit mir in Yunmeng spielen will - tatsächlich würde er das sogar sehr gerne tun.“

Jiang Cheng, „Ich frage mich jeden Tag die gleiche Frage - wo findest du nur so viel Selbstvertrauen?“

Wei WuXian, „Hör auf, dich das zu fragen. Wenn ich über eine Frage so viele Jahre nachdenken würde und keine Antwort finden könnte, dann hätte ich schon längst aufgegeben.“

Jiang Cheng schüttelte den Kopf. Als er gerade dabei war, seine Wassermelone auf den Boden zu werfen, hörte er plötzlich schwere Schritte näherkommen. Die strenge Stimme einer Frau trieb aus der Ferne zu ihnen hinüber: „Ich habe mich schon gefragt, wo alle hin sind. Wie erwartet....“

Die Gesichtsausdrücke der Jungen veränderten sich sofort. Sie stürzten gerade noch rechtzeitig zu den Vorhängen, nur um Herrin Yu am anderen Ende der Halle erscheinen zu sehen, ihr lila Gewand flatterte vor Strenge. Ihr Gesichtsausdruck wahrte eine kühle Haltung. Als sie die unansehnliche Nacktheit der Jungen sah, veränderte sich Herrin Yus Ausdruck, ihre Augenbrauen erhoben sich in die Luft.

Die Jungs dachten alle: Oh nein! Mit Schrecken drehten sie sich um und rannten davon. Als sie das sah, erkannte Herrin Yu schließlich wütend, „Jiang Cheng! Zieh dir was an! Du siehst nicht anders aus als ein Barbar! Was würden die Leute von mir denken, wenn sie dich so sehen würden?“

Jiang Chengs Oberteil war um seine Taille gebunden. Als er die Züchtigung seiner Mutter hörte, zog er es sich hastig über den Kopf. Herrin Yu schimpfte weiter: „Und ihr Jungs! Seht ihr nicht, dass A-Li hier ist? Wer hat euch Gören beigebracht, sich vor einem Mädchen so anzuziehen?“

Natürlich war es unnötig zu erwähnen, wer diese Gruppe angestiftet hatte. So lautete der nächste Satz von Herrin Yu, wie üblich, „Wei Ying! Willst du sterben!?“

Wei WuXian schrie: „Es tut mir leid! Ich wusste nicht, dass Shijie kommen würde! Ich werde sofort nach meinen Klamotten suchen!“

Herrin Yu wurde nur noch wütender: „Wie kannst du es wagen, jetzt wegzulaufen! Komm sofort zurück und knie dich hin!“

Während sie sprach, ließ sie ihre Peitsche mit einem Handumdrehung knallen. Wei WuXian fühlte, wie ein brennender Schmerz über seinen Rücken schlug. Er rief lautstark aus: „Au!“

Und fast wäre er auf dem Boden gestolpert. Doch plötzlich trieb jemandes leise Stimme an Herrin Yus Ohr vorbei: „Mutter, möchtest du auch etwas Wassermelone essen....“

Herrin Yu wurde von Jiang YanLi erschreckt, die scheinbar aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war. Durch diese Verzögerung war es allen Jungen gelungen, sich 'in Luft aufzulösen'. Sie war so wütend, dass sie sich an Jiang YanLi wandte und in ihre Wange kniff: „Essen, essen, essen – alles was du tust ist essen!“

Jiang YanLi weinte fast aufgrund des Kniffs und murmelte an ihre Mutter gewandt: „Mama, A-Xian und die anderen versteckten sich hier, um die Hitze zu lindern, und ich kam alleine hierher. Gib ihnen nicht die Schuld.... Willst... Willst du eine Wassermelone... Ich weiß nicht, wer sie uns gegeben hat, aber sie ist wirklich süß. Der Verzehr von Wassermelone im Sommer ist ideal zum Abkühlen und Durstlöschen. Ich schneide sie für dich....“

Je mehr Herrin Yu darüber nachdachte, desto wütender wurde sie, und mit der Sommerhitze, die noch dazu kam, begann sie sich wirklich nach einer Wassermelone zu sehnen. Mit all dem.... wurde ihre Wut noch größer.

Währenddessen entwischte die Gruppe schließlich aus dem Lotus Pier, eilte über die Docks und sprang in ein Boot. Da niemand ihnen nachjagte, auch nach einer Weile, entspannte sich Wei WuXian endlich. Er übte etwas Kraft aus und ruderte das Boot ein wenig. Er konnte immer noch die Schmerzen in seinem Rücken spüren, also warf er die Paddel jemand anderem zu, setzte sich hin und betastete vorsichtig das stechende Stück Fleisch: „Wie unfair. Niemand sonst hat etwas getragen, aber warum war ich der Einzige, der geschimpft und verprügelt wurde?“

Jiang Cheng, „Weil du ohne Kleidung am Körper das Auge am meisten verletzt hast, ganz sicher.“

Wei WuXian schenkte ihm daraufhin einen schiefen Blick. Plötzlich machte er einen Sprung und sprang ins Wasser. Wie davon angespornt, gingen auch die anderen ins Wasser. Nach nur wenigen Sekunden war Jiang Cheng der einzige, der noch auf dem Boot war.

Jiang Cheng bemerkte, dass etwas nicht stimmte: „Was zum Teufel machst du da?!“

Wei WuXian glitt zur Seite des Bootes und schlug hart zu. Das Boot kippte direkt um und wackelte schwer im Wasser mit dem Bauch nach oben. Wei WuXian lachte, sprang auf das Boot und kreuzte seine Beine: „Schmerzen deine Augen immer noch, Jiang Cheng? Sag etwas, hey, hey!“

Selbst nach einigem Schreien kam nichts zur Antwort außer einer Reihe von Blasen. Wei WuXian wischte sich verwirrt über das Gesicht: „Warum braucht er so lange?“

Auch ihr sechster Shidi schwamm zu ihnen hinüber und rief: „Ist er ertrunken?!“

Wei WuXian, „Das ist unmöglich!“

Als er gerade im Begriff war, hinein zu springen, um Jiang Cheng zu helfen, hörte er plötzlich einen lauten Aufschrei von hinten. Mit einem Schrei wurde er ins Wasser geworfen. Wieder einmal fiel das Boot um und wackelte im Wasser. Nachdem er unter Wasser getaucht worden war, war Jiang Cheng einmal außen herumgeschwommen und hatte sich hinter Wei WuXian auf die Lauer gelegt gehabt.

Nachdem beide einmal mit ihren schleichenden Angriffen erfolgreich gewesen waren, begannen die beiden, das Boot mit Wachsamkeit zu umkreisen, während die anderen einfach nur im Wasser planschten und sich über den ganzen See verstreuten, um das Drama zu beobachten. Wei WuXian lugte über das Boot: „Was soll das mit der Waffe? Lass das Paddel fallen und wir können mit bloßen Händen kämpfen.“

Jiang Cheng grinste: „Denkst du, ich bin ein Idiot? Du wirst es dir nehmen, sobald ich es loslasse!“

Er schwang das Paddel und zwang Wei WuXian, sich zu verstecken. Die Shidi feuerten ihn alle an. Wei WuXian tauchte nach links und rechts und fand endlich die freie Zeit zum protestieren: „Wie könnte ich so schamlos sein?!“

'Buh'-Rufe kamen von überall um ihn herum: „Da-Shixiong, ich kann nicht glauben, dass du den Nerv hast, um das zu sagen!“

Bald versank die Menge in einer chaotischen Wasserschlacht, vom 'Stich der Gerechtigkeit' über die 'Giftpflanze' bis hin zum 'Hieb der Brutalität' - Wei WuXian gab Jiang Cheng einen Tritt, bevor er es schließlich schaffte, auf das Boot zu klettern. Er spuckte einen Schluck Seewasser aus und winkte mit der Hand: „Lasst uns aufhören, lasst uns aufhören - ich rufe einen Waffenstillstand aus!“

Jeder trug bereits grünes Wassergras auf dem Kopf, noch nicht bereit zum Aufhören. Sie eilten: „Warum hören wir auf? Lasst uns weitermachen! Lasst uns weitermachen! Bettelst du um Gnade, nur weil du im Nachteil bist?“

Wei WuXian, „Wer hat gesagt, dass ich um Gnade bettle? Wir können später weiterkämpfen. Ich bin jetzt einfach zu hungrig, um weiterzumachen. Lasst uns erst etwas zu essen holen.“

Der sechste Shidi: „Sollen wir dann zurückgehen? Wir könnten noch ein paar Wassermelonen mehr haben, bevor das Abendessen beginnt.“

Jiang Cheng, „Wenn du jetzt zurückkehrst, bekommst du nichts anderes als Peitschenhiebe.“

Doch Wei WuXian hatte eine Idee. Er verkündete: „Wir werden nicht zurückgehen. Wir werden Lotussamenschoten pflücken!“

Jiang Cheng spottete: „Du meinst 'Stehlen', nicht wahr?“

Wei WuXian, „Es ist ja nicht so, dass wir das Geld nicht jedes Mal zurückzahlen!“

Die YunmengJiang-Sekte half oft den Haushalten der Gegend und exorzierte Wasser-Ghule, ohne eine Entschädigung dafür zu verlangen. In einem Radius von über einem Kilometer, bis auf ein paar kleinere Seen, waren die Menschen sogar bereit, ihren ganzen See mit ihnen zu teilen, um Lotus für sie anzupflanzen. Jedes Mal, wenn die Jungen der Sekte hinausgingen und die Wassermelone von jemandem aßen, die Henne von jemandem erwischten oder das Hundefutter von jemandem mit Schlafmittel versetzten, dann schickte Jiang FengMian Leute, um das alles wieder zu bereinigen.

Was den Grund ihrer kleineren Diebstähle betraf, so lag es nicht an Arroganz oder Vulgarität - die Jungen waren einfach verliebt in den Spaß, ausgeschimpft, ausgelacht und herum gejagt zu werden.

Die Gruppe bestieg das Boot. Nach einer Weile Paddeln kamen sie an einem Lotussee an.

Es war ein ziemlich großes Gewässer, das mit Grün bedeckt war. Die Blätter, so klein wie Teller und so groß wie Regenschirme, lagen endlos übereinander. Die Äußeren lagen niedriger, waren spärlicher und bildeten eine flache Schicht, die auf der Wasseroberfläche schwebte; die Inneren waren höher und lagen enger beieinander, genug, um Boote zusammen mit den Menschen darauf darunter zu bedecken. Aber sobald man dem Wackeln der Lotusblätter mehr Beachtung schenkte, konnte man erkennen, dass sich jemand darin versteckt hielt.

Das kleine Boot vom Lotus Pier glitt durch diese grüne Welt. Überall um sie herum waren pralle Samenkapseln, die bereits tief hingen. Einer paddelte jeweils das Boot, während die anderen zur Arbeit gingen. Die üppigen Schoten baumelten an den schlanken Stängeln, an denen kleine, harmlose Dornen wuchsen. Mit nur ein wenig Kraft wurden die Stängel in zwei Hälften gebrochen. Sie alle brachen die Hülsen zusammen mit einem langen Stück Stängel ab, so dass sie sie wie eine Blume zu Hause in eine Wasserflasche stellen konnten. Einige waren nämlich der Meinung, dass die Hülsen auf diese Weise noch ein paar Tage länger frisch schmecken würden. Wei WuXian hatte das nur von anderen Leuten gehört. Er wusste auch nicht, ob es wahr war oder nicht, aber er sagte dies dennoch vertrauensvoll zu anderen.

Er brach ein paar ab, schälte einen davon auf und warf sich die runden Samen in den Mund. Der Saft platze auf seiner Zunge. Er aß, während er vor sich hinmurmelte: „Ich habe dich auf Lotusschoten eingeladen, also... auf was lädst du mich nun ein?“

Jiang Cheng hörte es zufällig: „Wen hast du eingeladen?“

Wei WuXian, „Haha, ganz sicher nicht dich!“

Gerade als er Jiang Cheng mit einer weiteren Samenschote ins Gesicht schlagen wollte, zeigte er plötzlich allen eine 'Psssst'-Geste: „Wir sind tot. Der alte Mann ist heute hier!“

Der alte Mann war der Bauer, der die Lotusschoten in dieser Region pflanzte. Wei WuXian wusste auch nicht genau, wie alt er war. Wie auch immer, seiner Meinung nach war Jiang FengMian ein Onkel, so dass jeder, der älter als Jiang FengMian war, als alter Mann bezeichnet werden konnte. Dieser alte Mann war schon so lange an diesem See, wie Wei WuXian sich erinnern konnte. Als er im Sommer hierher kam, um Samenschoten zu stehlen, wurde er verprügelt, als er erwischt worden war. Wei WuXian hatte den Verdacht, dass der alte Mann ein wiedergeborener Geist der Lotussamenschoten war, da er immer die genaue Anzahl der Schoten wusste, die in seinem See fehlten, und genauso hoch war dann die Anzahl der Schläge gewesen, die Wei WuXian erhalten hatte. Beim Rudern in Lotusseen waren Bambusstangen besser geeignet als Paddel, und jeder Schlag damit war laut und stach in das Fleisch.

Auch die anderen Jungen hatten die Schläge schon einmal erlebt. Sofort schrien sie: „Lasst uns abhauen, lasst uns abhauen!“

Sie schnappten sich eilig die Paddel und flohen. Sie ruderten vom See herunter und warfen einen schuldigen Blick über ihre Rücken. Das Boot des alten Mannes war bereits aus den Blattschichten herausgetrieben und steuerte auf das offenere Gewässer zu. Wei WuXian neigte den Kopf zur Seite und beobachtete es eine Weile, bevor er ausrief: „Wie seltsam!“
Jiang Cheng stand auch auf: „Warum fährt das Boot so schnell?“

Alle sahen hin. Der alte Mann, der mit dem Rücken zu ihnen stand, zählte die Samenkapseln auf dem Boot eine nach der anderen, sein Bambusstab lag bewegungslos an der Seite. Dennoch fuhr das Boot sowohl mit Stabilität als auch mit Geschwindigkeit. Es war noch schneller als das Boot der Junioren.

Als sich die beiden Boote annäherten, konnte jeder endlich sehen, dass unter dem Boot des alten Mannes ein vager weißer Schatten lag, der unter Wasser schwamm!

Wei WuXian drehte sich um, sein Zeigefinger drückte sich gegen die Lippen und erinnerte die anderen daran, den alten Mann oder den Wassergeist darunter nicht zu warnen. Jiang Cheng nickte. Sein Rudern löste nur wenige geräuschlose Wellen aus, ihre Bewegungen waren nahezu unübertroffen. Als die beiden Boote zehn Fuß voneinander entfernt waren, erhob sich eine aschgraue Hand aus dem Wasser, tropfnass, und schnappte sich eine der Lotussamenschoten, die sich im Boot des alten Mannes stapelten, bevor sie leise wieder unter Wasser sank.

Wenige Augenblicke später schwebten die Schalen von zwei Lotuskernen an die Wasseroberfläche.

Die Jungen waren sprachlos schockiert: „Wow, also stehlen sogar Wasser-Ghule Lotusschoten!“

Der alte Mann erkannte schließlich, dass sich die Leute von hinten an ihn herangeschlichen hatten und er drehte sich mit einer großen Samenschote in der einen Hand und seinem Bambusstab in der anderen herum. Die Bewegung alarmierte den Wassergeist. Mit einem Spritzer war der weiße Schatten verschwunden. Die Jungs riefen: „Komm zurück!“

Wei WuXian stürzte ins Wasser und tauchte hinunter. Bald tauchte er mit etwas in der Hand auf, „Ich habe es gefangen!“

An seiner Hand hing ein kleiner Wassergeist, dessen Haut sehr blass war. Es sah aus, als wäre es ein Kind von nicht mehr als dreizehn Jahren. Mit Schrecken kräuselte er sich fast zu einem Ball zusammen unter den Augen der Jungen.

Plötzlich schwang die Stange des alten Mannes herum, während er fluchte: „Stiehlst du schon wieder!“

Wei WuXian hatte gerade erst einen Peitschenhieb auf den Rücken bekommen, und jetzt kam hier ein weiterer Schlag. Mit einem Schrei lockerte er fast seinen Griff. Jiang Cheng wütete: „Seien Sie gefälligst freundlicher - warum schlagen Sie ihn so plötzlich? Wie undankbar!“

Wei WuXian eilte: „Es geht mir gut, es geht mir gut, Alter-... Herr, schau doch genau hin. Wir sind keine Ghule. Das hier ist der Ghul.“

Der alte Mann, „Unsinn. Ich bin nur alt, aber nicht blind. Beeil dich und lass es gehen!“

Wei WuXian war erschrocken. Der von ihm gefangene Wassergeist faltete seine Hände in Bittstellung zusammen, seine dunklen Augen glitzerten auf ziemlich erbärmliche Weise. Es hielt immer noch die pralle Lotusschote, die es gestohlen hatte, und es widerstrebte ihm, loszulassen. Die Kapsel war bereit beschädigt. Es schien, als hätte es nur ein paar Bissen davon gehabt, bevor Wei WuXian es herausgezogen hatte.

Jiang Cheng dachte bei sich, dass der alte Mann absolut verrückt sei. Er wandte sich an Wei WuXian: „Lass es nicht los. Wir werden es mit uns zurücknehmen.“

Als er das hörte, hielt der alte Mann seinen Bambusstab wieder hoch. Wei WuXian rief sofort: „Nicht, nicht, nicht! Ich lasse es los, das ist alles.“

Jiang Cheng, „Nicht! Was ist, wenn es jemanden umbringt?!“

Wei WuXian, „Da ist kein Geruch von Blut an ihm. Es ist zu jung, um aus diesem Bereich zu schwimmen, während es in diesem Bereich keine Berichte über Todesfälle gegeben hat. Es hat wahrscheinlich noch nie jemanden getötet.“

Jiang Cheng, „Nur weil es niemanden getötet hat, bedeutet das nicht, dass es in Zukunft....“

Bevor er überhaupt fertig war, schwang der Bambusstab auf ihn zu. Nach einem Schlag war Jiang Cheng wütend: „Bist du verrückt, alter Mann?! Du weißt, dass es ein Ghul ist - hast du keine Angst, dass es dich umbringen könnte?!“

Der alte Mann war auch ziemlich selbstbewusst: „Warum sollte ein Mann, der auf halbem Weg über die Schwelle ist, Angst vor einem Ghul haben?“

Wei WuXian wusste, dass es nicht weit wegschwimmen würde, und unterbrach: „Hört auf zu kämpfen, hört auf zu kämpfen. Ich lasse es frei.“

In der Tat, er ließ los. Mit einem Spritzer rutschte der Wassergeist hinter das Boot des alten Mannes, als ob es Angst hätte, herauszukommen.

Wei WuXian kletterte vom Wasser eingeweicht zurück in das Boot. Der alte Mann nahm eine Samenschote aus dem Boot und warf sie ins Wasser. Der Wassergeist schenkte dieser keine Aufmerksamkeit. Der alte Mann wählte eine größere aus und warf sie wieder hinein. Die Schote hüpfte ein paar Mal auf der Wasseroberfläche, bevor ein halber, weißer Kopf auftauchte und, wie ein großer, weißer Fisch, die beiden grünen Kapseln mit seinem Mund unter Wasser zog. Bald schwebte noch etwas mehr Weiß unter der Wasseroberfläche. Die Hände und Schultern des Wassergeistes wurden sichtbar, als es sich hinter dem Boot verbarg, um dort die Schoten zu knabbern.

Als sie zusahen, wie sehr es die Schoten genoss, waren die Jungs alle ziemlich verwirrt.

Der alte Mann warf eine weitere Kapsel ins Wasser. Wei WuXian kratzte sich an seinem Kinn, unsicher, wie er sich fühlen sollte, „Herr, warum lässt du es zu, dass es deine Lotusschoten stiehlt und gibst ihm sogar noch welche, aber wenn wir es tun, schlägst du uns immer?“

Der alte Mann: „Es hilft mir mit dem Boot, also was ist schon dabei, ihm ein paar Schoten zu geben? Und ihr alle da drüben? Wie viele habt ihr heute gestohlen?“

Die Jungen waren verlegen. Wei WuXian blickte sie aus dem Augenwinkel an. Als er die vielen Dutzende von Schoten im Bauch des Bootes bemerkte, wusste er, dass es nicht gut ausgehen würde, und rief schnell: „Verschwinden wir!“

Sofort fingen die Jungen an zu paddeln. Der alte Mann, der den Bambusstab schwang, kam wie ein Taifun auf sie zu. Sie spürten, wie ihre Kopfhaut kribbelte, während sie dachten, dass die Stange sie jede Sekunde treffen könnte und paddelten daher wie wahnsinnig. Die beiden Boote zogen einige Kreise über den Lotussee. Während die beiden immer näher kamen, hatte Wei WuXian bereits ein paar Schläge erhalten, und außerdem erkannte er, dass die Stange auf niemand anderen außer gegen ihn gerichtet war. Er bedeckte seinen Kopf und schrie: „Das ist nicht fair! Warum schlägst du nur mich! Warum bin es wieder nur ich?“

Der Shidi: „Halte durch, Shixiong! Es liegt alles an dir!“

Jiang Cheng fügte hinzu: „Ja, halte durch.“

Wei WuXian spuckte: „Nein! Das nehme ich so nicht mehr hin!“

Er schnappte sich eine Lotusschote aus dem Boot und schleuderte sie heraus, „Fang!“

Es war eine ziemlich große Kapsel, die mit einem lauten Spritzen auf dem Wasser aufschlug. Wie erwartet, hielt das Boot des alten Mannes an. Der Wassergeist schwamm freudig zu der Schote hinüber und sammelte sie ein.

Bei dieser Gelegenheit hatte das Boot vom Lotus Pier endlich die Möglichkeit, das Weite zu gewinnen.

Als sie zurückkamen, fragte einer der Shidi: „Da-Shixiong, schmecken Ghuls etwas?“

Wei WuXian, „Normalerweise nicht, denke ich. Aber ich sage, dass dieser Kleine, wahrscheinlich.... wahrscheinlich... Ha-... Ha-schiiiiii!“

Die Sonne ging bereits unter und Wind war aufgekommen. Es fühlte sich bei der Brise ziemlich kalt an. Wei WuXian nieste und rieb sich das Gesicht und fuhr fort: „Wahrscheinlich konnte er keine Lotusschoten bekommen, bevor er gestorben ist, und er ertrank im See, als er sich hineinschlich, um welche zu stehlen. Und so.... Ha-... Ha-... Ha-....“

Jiang Cheng, „Und so isst er Lotusschoten, weil das sein Wunsch war. So bekommt er dadurch ein Gefühl der Erfüllung.“

Wei WuXian, „Uh-huh, das ist richtig.“

Er betastete seinen Rücken, der nun bedeckt war mit alten und neuen Striemen, und konnte die Frage, an die er ständig denken musste, immer noch nicht zurückhalten: „Wie schrecklich unfair. Warum bin ich der Einzige, der immer verprügelt wird, wenn etwas passiert?“

Einer der Shidi antwortete: „Weil du der Schönste bist.“

Noch einer: „Du hast die höchste Kultivierungsebene.“

Und noch einer: „Du siehst am besten aus, wenn du nichts angezogen hast.“

Alle nickten. Wei WuXian, „Danke für das Lob, Leute. Ich fange sogar an, deswegen Gänsehaut zu bekommen.“

Der Shidi: „Gern geschehen, Da-Shixiong. Du beschützt uns jedes Mal. Du verdienst noch mehr!“

Wei WuXian war überrascht: „Oh? Es gibt noch mehr? Lasst es mich hören.“

Jiang Cheng konnte dem nicht mehr länger zuhören: „Haltet die Klappe! Wenn ihr immer noch nicht wahrheitsgemäß redet, dann steche ich ein Loch in das Boot und wir können hier alle zusammen sterben.“

Während er sprach, passierten sie eine Wasserfläche mit Ackerland auf beiden Seiten. Auf den Höfen waren einige zierliche Bäuerinnen, die auf den Feldern arbeiteten. Als sie ihr Boot sahen, rannten sie zum Ufer und begrüßten sie aus der Ferne: „Hey-!“

Die Jungen antworteten auf die gleiche Weise, bevor sie Wei WuXian anstießen: „Shixiong, sie rufen dich! Sie rufen nach dir!“

Wei WuXian sah genau hin. Tatsächlich hatten sie die Frauen schon einmal getroffen, als er ihre Gruppe angeführt hatte. Seine Stimmung hob sich sofort und er stand auf, um ihnen grinsend zu winken: „Was ist los!?“

Das Boot trieb entlang der Strömung des Wassers. Die Frauen folgten ihnen am Ufer entlang, plauderten, „Ihr Jungs seid wieder losgezogen, um Lotusschoten zu stehlen, nicht wahr?“

„Sag uns, wie oft wurdest du getroffen?“

„Oder hast du diesmal nur das Hundefutter von jemandem versetzt?“

Jiang Cheng wollte ihn fast vom Boot werfen, voller Abneigung: „Wegen deinem Ruf verliert unsere Sekte das Gesicht.“

Wei WuXian protestierte: „Sie sagten: 'Ihr Jungs'. Wir sitzen im selben Boot, in Ordnung? Selbst wenn ich das Gesicht verliere, verlieren wir alle zusammen das Gesicht.“

Während die beiden noch argumentierten, rief eine andere der Frauen: „War sie gut?“

Wei WuXian schaffte es, zu antworten: „Was?“

Die Frau, „Die Wassermelone, die wir dir gegeben haben. War sie gut?“

Wei WuXian erkannte: „Ihr wart also diejenigen, die uns die Wassermelone gegeben haben. Sie war köstlich! Warum bist du nicht reingekommen und hast dich zu uns hingesetzt? Wir hätten dir etwas Tee einschenken können!“

Die Frau lächelte: „Ihr wart bei unserem Besuch nicht da, also gingen wir, ohne hineinzugehen. Ich bin froh zu hören, dass sie gut geschmeckt hat!“

Wei WuXian, „Danke!“

Er fischte ein paar große Samenschoten vom Bootsboden aus heraus: „Hier sind einige Lotusschoten. Wenn du das nächste Mal kommst, komm zu mir und schau mir beim Trainieren zu!“

Jiang Cheng schnaubte: „Als würde jemand dir beim Training zusehen wollen?“

Wei WuXian warf die Samenschoten zum Ufer. Es war ein weiter Weg, aber sie landeten ohne Probleme in den Händen der Frauen. Er packte noch ein paar mehr und versuchte, sie in Jiang Chengs Arme zu stopfen: „Was machst du da... stehst du nur rum? Beeil dich.“

Nach ein paar weiteren Schüben konnte Jiang Cheng die Schoten nur noch akzeptieren: „Mich beeilen und was tun?“

Wei WuXian, „Du hast die Wassermelone auch gegessen, also musst du auch das Geschenk zurückgeben, nicht wahr? Hier, hier, sei nicht verlegen. Fang an zu werfen, fang an zu werfen.“

Jiang Cheng schnaubte wieder: „Du machst wohl Witze. Musst du deswegen so peinlich sein?"

Was auch immer er sagte, aber selbst nachdem all die Shidi begonnen hatten, Samenschoten zu werfen, begann er sich immer noch nicht zu bewegen. Wei WuXian drängte: „Dann wirf etwas davon! Wenn du diesmal welche wirfst, kannst du sie das nächste Mal fragen, ob die Samenschoten gut geschmeckt haben, und du kannst dich wieder mit ihnen unterhalten!“

Die Shidi waren voller Ehrfurcht, „Also das ist der Grund! Was für eine Lektion. Du hast so viel Erfahrung mit diesen Dingen, Shixiong!“

„Man merkt, dass er das regelmäßig macht!“

„Oh, verdammt, hahahahaha....“

Jiang Cheng war gerade dabei, eine zu werfen, als ihm klar wurde, wie schamlos es war, als er das hörte. Er schälte eine Samenhülse heraus und aß sie selbst.

Während das Boot durch das Wasser schwebte, jagten die Mädchen es in kleinen Schritten am Ufer nach und fingen die grünen Lotusschoten, die die Jungen vom Boot aus auf sie warfen, und lachten, während sie rannten. Wei WuXian schirmte mit seiner rechten Hand seine Augen ab und nahm die Landschaft wahr. Inmitten des Lachens ließ er einen Seufzer hören. Die anderen fragten: „Was ist los, Da-Shixiong?“

„Du seufzt, auch wenn Mädchen hinter dir her sind?“

Wei WuXian schwang das Paddel über seine Schulter und grinste: „Es ist nichts. Ich dachte gerade nur daran, dass ich Lan Zhan in aller Aufrichtigkeit eingeladen hatte, Yunmeng zu besuchen, aber er wagte es trotzdem, das Angebot abzulehnen.“

Die Jungs hoben alle ihre Daumen, „Wow, das ist Lan WangJi, ganz sicher!“

Wei WuXian sagte in guter Laune: „Haltet die Klappe! Eines Tages werde ich ihn hierher schleppen und vom Boot werfen. Ich werde ihn dazu bringen, Lotusschoten zu stehlen und sich vom alten Mann mit dem Bambusstab verprügeln zu lassen, und er wird mir von hinten hinterher jagen, hahahahaha....“

Nach einer Weile des Lachens drehte er sich um und sah Jiang Cheng an, der vorne im Boot saß und Lotussamen mit einem langen Gesicht aß. Sein Lächeln verschwand allmählich, während er seufzte: „Nun, was für ein unbelehrbares Kind.“

Jiang Cheng rauchte: „Was soll's, wenn ich sie allein essen will?“

Wei WuXian, „Schau dich an, Jiang Cheng. Vergiss es einfach. Du bist hoffnungslos. Warte nur ab, und dann wirst du sie dein ganzes Leben lang allein essen!“

Wie auch immer, das Boot, das abgefahren war, um Lotussamenschoten zu stehlen, war wieder mit Reichtum zurückgekehrt.


Die Wolkenschluchten.

Außerhalb der Berge war es ein brutzelnder Juni-Sommer. Innerhalb der Berge jedoch befand sich eine Welt aus Kühle und Stille.

Vor dem Lanshi standen zwei weiße Gestalten in der Halle. Als eine Brise aufkam, flatterten ihre Gewänder sanft im Wind, aber sie blieben bewegungslos.

Lan XiChen und Lan WangJi standen einfach nur da.

Auf dem Kopf.

Keiner der beiden sagte etwas, als ob sie bereits in einem Zustand der Meditation wären. Die einzigen Geräusche, die zu hören waren, waren das Rauschen des Wassers und das Zwitschern der Vögel. Im Gegensatz dazu wirkte ihre Umgebung noch ruhiger.

Nach einer Weile sprach Lan WangJi plötzlich, „Bruder.“

Lan XiChen zog sich ruhig aus seinem Meditationszustand zurück, sein Blick unerschütterlich, „Ja?“

Nach einer Schweigeminute fragte Lan WangJi: „Hast du schon einmal Lotussamenschoten gepflückt?“

Lan XiChen sah ihn an, „.... Nein.“

Wenn ein Schüler der GusuLan-Sekte Lotussamen essen wollte, musste er natürlich keine Samenschoten selbst pflücken gehen.

Lan WangJi neigte seinen Kopf nach unten, „Bruder, wusstest du das?“

Lan XiChen, „Weiß ich was?“

Lan WangJi, „Lotussamenschoten mit ihren Stielen schmecken besser als solche ohne.“

Lan XiChen, „Oh? Das wäre etwas, dass ich noch nie gehört habe. Warum fragst du mich so plötzlich?“

Lan WangJi, „Es ist nichts. Die Zeit ist vorbei. Die andere Hand.“

Die beiden wechselten die Hand, mit der sie sich von rechts nach links abstützten. Die Bewegung war extrem gleichmäßig. Gleichmäßig und geräuschlos. Lan XiChen wollte noch einmal fragen, als seine Augen sich auf etwas anderes konzentrierten und er lächelte: „WangJi, du hast Gäste.“

Vom Rand des Holzflurs kroch langsam ein weißer, pelziger Hase hinüber. Er klammerte sich an Lan WangJis linke Hand, seine rosa Nase schnüffelte.

Lan XiChen, „Wie ist er hierher gekommen?“

Lan WangJi sprach mit ihm: „Geh zurück.“

Und doch hörte das Kaninchen nicht zu. Es knabberte an einem Ende von Lan WangJis Stirnband und zog mit Gewalt daran, als wollte es Lan WangJi einfach so wegziehen.

Lan XiChen kommentierte ruhig: „Vielleicht will er dich als Gesellschaft.“

Das Kaninchen, das ihn nicht bewegen konnte, hüpfte wütend um die beiden herum. Lan XiChen war ziemlich amüsiert: „Ist das der ausgelassenere?“

Lan WangJi, „Zu sehr.“

Lan XiChen, „Es schadet nicht, ausgelassen zu sein. Es ist doch irgendwie schön. Wenn ich mich recht erinnere, sollte es zwei davon geben. Die beiden sind oft zusammen, nicht wahr? Warum ist nur einer von ihnen gekommen? Bevorzugt der andere die Ruhe gegenüber dem Spielen im Freien?“

Lan WangJi, „Er wird bald kommen.“

Und wie erwartet schwebte bald darauf ein weiterer schneeweißer Kopf über dem Rand der Holzhalle. Auch der andere Hase war gekommen, um nach seinem Gefährten zu suchen. Die beiden Schneebälle verfolgten sich eine Weile gegenseitig. Am Ende fanden sie einen Ort, der sich neben Lan WangJis linker Hand befand, um zusammen zu kuscheln.

Die Kaninchen schmiegen sich aneinander und bilden eine bezaubernde Szene, auch wenn sie auf dem Kopf stehend gesehen wurde. Lan XiChen, „Wie heißen sie?“

Lan WangJi schüttelte den Kopf, entweder um zu sagen, dass sie keine Namen hatten, oder um sich einfach zu weigern, sie laut auszusprechen. Lan XiChen fügte jedoch hinzu: „Ich habe gehört, wie du sie das letzte Mal bei ihren Namen genannt hast.“

„…“

Freundlich kommentierte Lan XiChen: „Sie haben schöne Namen.“

Lan WangJi hatte seine Hand gewechselt. Lan XiChen, „Die Zeit ist noch nicht abgelaufen.“

Stillschweigend wechselte Lan WangJi seine Hände wieder zurück. Dreißig Minuten später war ihre Zeit abgelaufen und das Training beendet. Die beiden kehrten zum Yashi zurück und saßen still. Ein Diener präsentierte ihnen eisgekühlte Früchte, um die Hitze zu lindern. Die Wassermelone war geschält worden. Das Fruchtfleisch war in saubere Stücke geschnitten und auf einer Jadeplatte ausgebreitet worden, wobei ihr durchscheinendes Rot die Augen ansprach. Die beiden Brüder saßen kniend auf den Matten. Nachdem sie ein paar ruhige Worte gewechselt und besprochen hatten, was sie nach dem gestrigen Unterricht gelernt hatten, begannen sie endlich zu essen.

Lan XiChen nahm ein Stück Wassermelone. Als er jedoch sah, wie Lan WangJi ohne klare Absichten auf die Platte starrte, hielt er instinktiv inne. Ohne große Überraschung begann Lan WangJi zu reden. Er sagte: „Bruder.“

Lan XiChen, „Was ist denn?“

Lan WangJi, „Hattest du schon mal Wassermelonenschalen?“

„…“

Lan XiChen, „Ist Wassermelonenschale essbar?“

Nach einer Schweigeminute antwortete Lan WangJi: „Ich hörte, es kann püriert werden.“

Lan XiChen, „Vielleicht kann es das.“

Lan WangJi, „Ich habe gehört, es schmeckt ziemlich gut.“

„Ich habe es noch nie ausprobiert.“

„Ich auch nicht.“

„Hm....“, Lan XiChen, „Willst du, dass jemand versucht, etwas für dich zu pürieren?“

Nach einigem Nachdenken schüttelte Lan WangJi den Kopf, sein Ausdruck war ernst. Lan XiChen stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, dass er die Frage 'von wem hast du das gehört' nicht stellen musste.....

Am zweiten Tag ging Lan WangJi allein den Berg hinunter.

Nicht, dass er selten den Berg hinunterging, sondern dass er selten allein auf den engen Marktplatz ging. Die Menschen kamen von überall her und gingen überall hin. Egal, ob innerhalb der Sekten oder in bergigen Jagdgebieten, dort gab es nicht so viele Menschen. Selbst während der überfüllten Diskussionskonferenzen waren viele Menschen organisiert und hasteten nicht so umher. Es schien weniger überraschend zu sein, wenn einer auf den Fuß eines anderen trat oder gegen die Kutsche eines anderen stieß. Lan WangJi hatte es noch nie gemocht, Körperkontakt mit anderen zu haben. Als er diese Situation sah, zögerte er leicht, wollte jedoch auch nicht aufgeben. Stattdessen beschloss er, jemanden nach dem Weg zu fragen. Doch auch nach einer Weile konnte er niemanden finden, den er fragen konnte. Erst jetzt wurde Lan WangJi klar, dass er nicht nur nicht auf andere zugehen wollte, sondern auch andere nicht auf ihn.
Er war wirklich zu anders, zu unberührt, verglichen mit dem Trubel des Marktes. Er trug sogar ein Schwert auf dem Rücken. Die Verkäufer, Bauern und Passanten sahen selten junge Meister wie ihn, die sich alle damit beeilten, ihm auszuweichen. Sie fürchteten entweder, dass er ein arroganter Erbe sei, oder sie fürchteten, dass sie ihn versehentlich beleidigt hätten, oder sie fürchteten seinen kalten Ausdruck. Schließlich hatte selbst Lan XiChen einmal gescherzt, dass kein Leben in einem Umkreis von zwei Metern um Lan WangJi nicht erfrieren könne. Nur die Frauen, die an Lan WangJi vorbeikamen, wollten ihn ansehen, wagten es aber nicht, zu viel zu schauen. Sie taten so, als wären sie zu beschäftigt, und senkten ihre Köpfe nach unten, während sie nach oben schauten. Als er an ihnen vorbeigegangen war, versammelten sie sich und kicherten hinter seinem Rücken.

Lan WangJi war schon lange unterwegs, bis er endlich eine alte Frau sah, die vor ihrem Haus den Boden fegte. Er fragte: „Entschuldigen Sie. Wo ist der nächste Lotussee von hier aus?“

Die Frau hatte keine ausgezeichnete Sehkraft, und außerdem verwischte der Staub ihre Augen. Sie keuchte, unfähig, ihn klar zu sehen: „Geh drei oder vier Kilometer in diese Richtung. Ein Haus dort hat einen Hektar Lotus auf einem See angepflanzt.“

Lan WangJi nickte, „Danke.“

Die alte Frau, „Junger Meister, der Besitzer des Sees lässt nachts niemanden rein. Wenn du hingehen willst, solltest du dich beeilen und vor Sonnenuntergang dort sein.“

Lan WangJi wiederholte, „Danke.“

Als er gerade gehen wollte, sah er die Frau, wie sie mit ihren dünnen Bambusstab hoch oben in der Luft versuchte, einen auf ihrem Dach festhängenden Ast herunter zu reißen. Mit einem Fingerzeig traf seine Schwertenergie den Ast, der dann fiel, und er drehte sich um, um zu gehen.

Drei oder vier Kilometer würden bei seiner Geschwindigkeit nicht lange dauern. Lan WangJi folgte der Richtung, die die Frau ihm gezeigt hatte und hielt nicht an. Nach einem halben Kilometer hatte er den Markt verlassen; nur ein wenig weiter wurden die Gebäude spärlicher; nach mehr als einem Kilometer war alles, was neben ihm war, bereits in grüne Felder und sich kreuzende Wege verwandelt worden. Nur ab und zu begegnete er einer kleinen, schiefen Hütte, aus deren Schornstein Rauchschwaden aufstiegen. Ein paar schmutzige Kleinkinder mit hochgebundenen Zöpfen hockten auf dem Feld und bewarfen sich gegenseitig mit Schlamm, während sie kicherten. Es war eine so interessante Szene, dass Lan WangJi innehielt, um zu schauen, obwohl er bald darauf entdeckt wurde. Die Kleinkinder waren alle jung und schüchtern und krochen mit einem Augenzwinkern davon. Schließlich machte er einen Schritt nach vorne und ging weiter. Als er etwas über der Hälfte der Strecke hinter sich gebracht hatte, spürte Lan WangJi etwas Kaltes auf seiner Wange. Es war ein Regentropfen, der von einer Brise herüber geschickt worden war.

Er blickte hinauf in den Himmel. Tatsächlich erschien eine graue, auf ihn zurollende Wolkenwand, die jeden Moment vom Himmel zu fallen drohte. Er ging sofort schneller, aber der Regen kam noch schneller als er. Plötzlich sah er ein halbes Dutzend Menschen, die vor ihm auf einem Feld standen.

Die Regentröpfchen hatten sich bereits in dicke Tropfen verwandelt. Doch das Leute hatten weder Regenschirme noch suchten sie Schutz. Sie schienen, als ob sie einen Kreis um etwas bildeten, ohne Zeit zu haben, sich um etwas anderes zu kümmern. Lan WangJi ging hinüber. Er sah einen Bauern auf dem Boden liegen, der vor Schmerz stöhnte.

Nach nur wenigen Worten verstand Lan WangJi, was passiert war. Als der Bauer auf den Feldern gearbeitet hatte, war ein Ochse gegen ihn gelaufen. Im Moment konnte er nicht aufstehen, nachdem er sich entweder seinen Rücken oder sein Bein verletzt hatte. Der Ochse, der das Verbrechen begangen hatte, wurde bis zum anderen Ende des Feldes gejagt, schwang seinen Schwanz und hatte zu viel Angst, sich ihnen zu nähern. Der Besitzer des Ochsen war los gerannt, um einen Arzt zu finden, während der Rest der Bauern es nicht wagte, den Verwundeten leichtsinnig zu bewegen, aus Angst, dass sie seine Knochen verschieben könnten. Das war der einzige Weg, wie sie sich um ihn kümmern konnten. Leider hatte es angefangen zu regnen. Zuerst war es nur ein erträglicher Nieselregen, aber bald würde es zu einem Sturm werden.

Als der Regen immer stärker und stärker wurde, stürzte einer der Bauern nach Hause auf der Suche nach einem Regenschirm. Sein Zuhause war jedoch weit weg, und daher würde er nicht so schnell wieder zurückkehren können. Der Rest der Gruppe war besorgt, obwohl sie nichts tun konnten und blockierte so viel Regen wie möglich für den verwundeten Bauern. Aber es würde nichts dabei herauskommen, wenn das so weiterginge. Selbst wenn der Regenschirm ankäme, gäbe es nur einen. Man konnte dann nicht einfach so ein paar von ihnen schützen und die anderen auslassen, oder?

Einer von ihnen fluchte mit schweren Atem: „Verdammt, es ist erst eine Minute her und der Regen prasselt schon so runter.“

An dieser Stelle sagte ein anderer der Bauern: „Lasst uns Schutz dort drüben in diesem Schuppen suchen. Er wird zumindest für eine Weile halten.“

Nicht weit entfernt befand sich ein alter, verlassener Schuppen, der von vier Holzbalken gestützt wurde. Einer von ihnen war schräg gestellt, während ein anderer nach Jahren der Verwitterung verrottet war, weswegen das Dach halb zu Boden gestürzt war.

Ein Landwirt zögerte: „Sollen wir ihn nicht bewegen?“

„Ein... Ein paar Schritte dürften doch gutgehen...“

Alle halfen mit, und so trugen die Bauern den verwundeten Mann vorsichtig hinüber. Zwei von ihnen gingen, um das Schuppendach hochzuhalten, aber selbst zwei Bauern konnten das Dach nicht heben. Als die anderen sie drängten, nutzten sie all ihre Kraft, ihre Gesichter erröten stark unter der Anstrengung, aber es rührte sich trotzdem nicht einen Zentimeter. Zwei weitere Leute kamen, aber es bewegte sich dennoch nicht!

Das Dach des Schuppens hatte einen Holzrahmen und war mit Ziegeln, Heu und Schmutzschichten bedeckt. Es war nicht leicht, aber definitiv nicht so schwer, dass selbst vier Bauern, die das ganze Jahr über auf den Feldern arbeiteten, es nicht heben konnten.

Schon bevor er sich ihnen näherte, wusste Lan WangJi, was vor sich ging. Er ging zum Schuppen, beugte sich nach unten, hob eine Ecke des Daches an und hob es mit einer Hand hoch.

Die Bauern waren sprachlos schockiert.

Der junge Mann hob mit einer Hand das Dach hoch, was sogar vier Bauern nicht geschafft hatten!

Wenige Augenblicke später flüsterte einer der Bauern den anderen etwas zu. Mit nur wenig Zögern trugen sie den Verwundeten hinüber. Als sie in den Schuppen gingen, blickten sie alle auf Lan WangJi. Lan WangJi blickte geradeaus.

Nachdem sie den Verwundeten abgelegt hatten, kamen zwei Leute zu ihm herüber, „Ju-.... Junger Meister, Ihr könnt es loslassen. Wir werden es schaffen.“

Lan WangJi schüttelte den Kopf. Die beiden Bauern bestanden darauf: „Du bist noch zu jung. Du wirst nicht durchhalten.“

Während sie sprachen, hoben sie ihre Hände und wollten ihm mit dem Dach helfen. Lan WangJi sah sie nur an. Er sagte nichts und zog nur etwas von seiner Kraft zurück, die er aufgebracht hatte. Sofort änderten sich die Äußerungen der Bauern.

Lan WangJi drehte sich wieder um und ließ seine Kraft zurückfließen. Peinlich berührt gingen die Bauern zurück in die Hocke.

Das Holzdach hatte sich als schwerer erwiesen, als sie es sich vorgestellt hatten. Wenn der Junge loslassen würde, könnten sie es überhaupt nicht mehr hochhalten.

Jemand zitterte: „Wie seltsam. Warum ist es kälter geworden, jetzt, wo wir doch drinnen sind?“

Keiner von ihnen konnte sehen, dass in der Mitte des Schuppens eine zerklüftete Gestalt hing, deren Haar zerzaust und die Zunge ausgestreckt war.

Als Wind und Regen von außen auf den Schuppen trafen, schwang die Gestalt im Schuppen hin und her und trug dabei eine unheimliche Windböe mit sich.

Es war dieser gehängte Geist, der das Dach ungewöhnlich schwer gemacht hatte, und somit unmöglich, von gewöhnlichen Menschen angehoben zu werden, egal was passiert.

Lan WangJi hatte nicht die Werkzeuge mitgebracht, mit denen man Geister befreien konnte. Da die Kreatur keine Absicht hatte, anderen zu schaden, konnte er natürlich nicht ihre Seele ohne Fürsorge auseinander nehmen. Im Moment sah es so aus, als könnte er sie auch nicht davon überzeugen, ihre hängende Leiche herunterzulassen, so dass er das Dach vorerst nur stützen musste. Er würde es hiernach melden und Leute herschicken, um sich darum zu kümmern.

Der Geist schwang hinter Lan WangJi hin und her, wurde hierhin und dorthin vom Wind geblasen. Er beschwerte sich: „Es ist so kalt....“

„…“

Der Geist sah sich um und fand einen Bauern, auf den er sich stützen konnte, wahrscheinlich auf der Suche nach etwas Wärme. Der Landwirt zitterte plötzlich. Lan WangJi neigte seinen Kopf leicht und gab ihm einen ziemlich strengen, seitlichen Blick.

Auch der Geist zitterte und kehrte in sein Elend zurück. Dennoch streckte er seine Zunge raus und beschwerte sich: „Der Regen ist so stark. Und jetzt ist der Eingang so weit offen.... Es ist wirklich sehr kalt....“

„…“

Bis zur Ankunft des Arztes hatten die Bauern nicht den Mut aufgebracht, mit Lan WangJi zu sprechen. Als der Regen aufhörte, bewegten sie den Verwundeten aus dem Schuppen. Lan WangJi legte das Dach ab und ging weg, ohne etwas zu sagen.

Als er am See ankam, dämmerte es bereits. Er war gerade dabei einzutreten, als ein kleines Boot von der anderen Seite kam. Eine Frau mittleren Alters saß auf dem Boot, „Hey, hey, hey! Was machst du hier?“

Lan WangJi, „Lotussamenschoten pflücken.“

Die Frau: „Es ist nach Sonnenuntergang. Wir lassen niemanden rein, wenn es dunkel ist. Heute wird es nicht mehr funktionieren. Komm ein anderes Mal wieder!“

Lan WangJi, „Ich werde nicht lange bleiben. Ich brauche nur kurz.“

Die Frau, „Nein bedeutet nein. Das ist die Regel. Ich mache hier nicht die Regeln. Du kannst unseren Besitzer fragen.“

Lan WangJi, „Wo ist der Besitzer des Sees?“

Die Frau: „Er ist schon lange nach Hause gegangen, also ist es sinnlos, mich zu fragen. Wenn ich dich reinlasse, würde der Seebesitzer mich auch nicht nachsichtig behandeln. Mach es mir nicht so schwer.“

Zu diesem Zeitpunkt zwang Lan WangJi sie nicht mehr. Er nickte: „Entschuldigung für die Störung.“

Auch wenn sein Ausdruck ruhig war, so empfand er doch das Gefühl der Enttäuschung.

Als sie sah, dass seine Kleidung zwar weiß war, aber die Hälfte vom Regen durchnässt war und auch seine Stiefel mit Schlamm bedeckt waren, milderte die Frau ihren Tonfall: „Du bist heute zu spät gekommen. Komm morgen früher. Woher kommst du? Der Regen war eben so stark. Du Kind bist doch nicht im Regen hierher gerannt, oder? Warum hast du keinen Regenschirm mitgenommen? Wie weit ist dein Zuhause von hier entfernt?“

Lan WangJi antwortete ehrlich: „Siebzehn Kilometer und siebenhundert Meter.“

Die Frau räusperte sich, als sie das hörte: „So weit?! Du hast lange gebraucht, um hierher zu kommen, nicht wahr? Wenn du wirklich Lotusschoten essen willst, solltest du auf der Straße welche kaufen. Da gibt es viele.“

Lan WangJi war gerade dabei, sich umzudrehen, als er das hörte und innehielt: „Die auf der Straße verkauften Lotussamenschoten haben aber keine Stiele mehr an sich.“

Die Frau war amüsiert: „Müssen sie denn die Stiele an sich haben? Es ist nicht so, dass sie dann anders schmecken.“

Lan WangJi, „Doch. Das tun sie.“

„Das tun sie nicht!“

Lan WangJi bestand darauf: „Das tun sie. Jemand hat mir gesagt, dass sie das tun.“

Die Frau brach in Gelächter aus: „Wer um alles in der Welt hat dir das erzählt? Was für ein sturer junger Meister du bist. Du musst von etwas besessen sein*!“

Lan WangJi sagte nichts mehr. Sein Kopf hing tief, er drehte sich um und fing an, zurückzugehen. Die Frau rief ihm wieder nach: „Ist dein Zuhause wirklich so weit weg?“

Lan WangJi, „Mn.“

Die Frau, „Was ist, wenn.... Was ist, wenn du heute nicht nach Hause gehst? Dich hier irgendwo in der Nähe niederlässt und morgen wiederkommst?“

Lan WangJi, „Es gibt eine Ausgangssperre. Ich habe morgen Unterricht.“

Die Frau kratzte sich am Kopf, als ob sie mit einigem Zögern darüber nachdachte. Am Ende sprach sie, „.... Schön, ich lasse dich rein. Nur ein bisschen, nur ein bisschen, in Ordnung? Beeil dich beim Pflücken der Lotusschoten, damit dich niemand sieht und mich dem Besitzer verrät. Es wäre peinlich, in meinem Alter noch geschimpft zu werden.“

In den Wolkenschluchten, nach dem Regen.....

Die Magnolie wirkte besonders frisch und zart. Lan XiChen fühlte einen Anfall von Zuneigung. Er breitete Papier auf seinem Schreibtisch aus und malte am Fenster.

Durch die ausgehöhlten Schnitzereien des Fensters konnte er eine weiße Gestalt sehen, die sich langsam näherte. Lan XiChen legte seinen Pinsel nicht ab, „WangJi.“

Lan WangJi ging hinüber und antwortete durch das Fenster, „Bruder.“

Lan XiChen, „Ich habe mich daran erinnert, das du gestern Lotusschoten erwähnt hast. Onkel hat heute zufällig welche mit auf den Berg gebracht. Möchtest du etwas davon?“

Lan WangJi, der immer noch vor dem Fenster stand, „Die habe ich schon.“

Lan XiChen war etwas verwirrt, „Du hast sie schon?“

Lan WangJi, „Mn.“

Die Brüder tauschten noch ein paar Worte aus, und Lan WangJi kehrte zum Jingshi zurück.

Nachdem er fertig war, blickte Lan XiChen eine Weile auf das Bild, bevor er es wegräumte und es vergaß. Er nahm Liebing heraus und ging zu dem Ort, an dem er normalerweise den 'Klang der Klarheit' praktizierte.

Bevor die Sträucher vor der kleinen Hütte die weichen, violetten Enziane sprießen ließen, schmückte nun der Tau ihre Blütenknospen wie Sterne. Lan XiChen betrat den Weg, blickte auf und hielt inne.

Auf dem Holzgang vor den Türen des Hauses befand sich eine Vase aus weißer Jade. In der Vase befanden sich Lotusschoten in unterschiedlicher Höhe.

Die Jadevase war schlank und die Hülsenstiele waren ebenfalls schlank. Es war ein ziemlich schöner Anblick.

Lan XiChen legte Liebing weg und setzte sich vor die Vase. Er neigte seinen Kopf und sah es eine Weile lang an und zögerte.

Am Ende entschied er sich mit viel Zurückhaltung, sich nicht heimlich eine zu nehmen und zu schälen, um festzustellen, was an Lotusschoten mit ihren Stielen anders schmeckte.

Denn wenn WangJi so glücklich aussah, mussten sie in der Tat eine echte Delikatesse sein.









Information
Hundefutter: Im ländlichen China wurden Hunde oft verwendet, um Haushalte vor Dieben zu schützen. Um sich in das Haus von jemandem zu schleichen, sorgten die Jungen dafür, dass der Hund bewusstlos (aber nicht tot) war.
*: Ja, von der Liebe....

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